Der Einundvierzigste
Ein Abenteuerfilm, eine Robinsonade, ein Melodram aus den Wirren des Russischen Bürgerkriegs. Marija ist Scharfschützin einer Einheit von Rotarmisten in der kasachischen Wüste. Vierzig Weißgardisten hat sie schon abgeknallt, als ihre Leute den gegnerischen Offizier Wadim gefangensetzen. Auf dem beschwerlichen Weg ins rote Hauptquartier kommt die ruppige Bolschewistin dem blauäugigen Zaristen näher, trägt dem feindlichen Schöngeist sogar ihre holprigen, aber tiefempfundenen Revolutionsverse vor. Bei der Überquerung des Aralsees gerät der Trupp in ein Unwetter. Das Paar strandet auf einer kleinen Insel, gelangt an einem märchenhaften Ort abseits von Zeit und Krieg. Für einen Moment pfeift die Liebe auf den Lauf der Geschichte, erobert sich eine kurze irreale Ewigkeit. Doch die Liaison zwischen dem Gestern und dem Morgen bleibt Episode, das unbarmherzige Heute bricht sich Bahn: Wadim wird Marias Einundvierzigster … Grigori Tschuchrai verzichtet fast völlig auf propagandistische Zuspitzung: Wadims Sehnsucht nach dem Frieden seiner Bibliothek, Marias Sehnsucht nach einer besseren Gesellschaft werden nicht ideologisch aufgewogen, der politische Gegensatz schafft in erster Linie die dramatische Situation. (Daß die (Protagonistin der) Zukunft ihr Glück zerstört, indem sie die (bzw. einen Vertreter der) Vergangenheit tötet, bleibt gleichwohl traurige Pointe der Erzählung.) Die hermetischen Künstlichkeit von »Sorok perwij« erinnert an die subversiven Gefühlsfilme Douglas Sirks; die poetischen Farbtableaus von Menschen in Sand und Meer (Kamera: Sergei Urussewski), die malerischen Visionen von Zärtlichkeit und Brutalität lassen die radikale, die tödliche Romantik einer Welt im historischen Umbruch sicht- und fühlbar werden.
R Grigori Tschuchrai B Grigori Kolutonow V Boris Lawrenjow K Sergei Urussewski M Nikolai Krjukow A Wladimir Kamski, Konstantin Stepanow S L. Lisenkowa P Mosfilm D Isolda Iswitskaja, Oleg Strischenow, Nikolai Krjutschkow | SU | 88 min | 1:1,37 | f | 15. Oktober 1956
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