Die Basilisken
Mittagessen. Eine Familie schlürft wortlos die Suppe in sich hinein. Dann legt man sich hin. Schläft. Schnarcht. So wie es alle tun in der kleinen süditalienischen Stadt. Morpheus sollte zum Schutzheiligen des Ortes ernannt werden, meint eine weibliche Stimme gleich zu Beginn des Films aus dem Off. Zu sagen, es passiere nicht viel in dem abgelegenen Kaff, wäre eine Übertreibung. Es passiert nichts. Gar nichts. Antonio, Francesco und Sergio, junge Männer ohne Eigenschaften, ohne Interessen, ohne Ziele geraten in den Fokus der Wahrnehmung; ihre Spaziergänge, ihre Langeweile, ihr endloses Geschwätz bilden so etwas wie den Drehpunkt von Lina Wertmüllers beiläufigen Szenen aus dem Leben der Provinz. Die drei streifen umher, setzen Mädchen nach, lassen es aber auch gleich wieder sein, wenn es zu kompliziert wird, haben vage Ideen, wie ihr Leben zu verändern, zu verbessern wäre, doch beim kleinsten Widerstand geben sie auf, fallen zurück in dösige Passivität. Ein Ausbruch, selbst wenn er gewagt wird, endet unvermeidbar am Ausgangspunkt … Mit sicherem Zugriff auf die monotone Wirklichkeit des Hinterlandes verbeugt sich Wertmüller vor ihrem Lehrmeister Fellini (ohne ihn zu imitieren), Gianni Di Venanzos unbestechliches Kameraauge beobachtet Erschöpfung und Ödnis mit dokumentarischer Poesie (eher im Sinne von Rosi als von Antonioni), Ennio Morricone legt einen bittersüß-mokanten Soundtrack darunter (oder darauf). »I basilischi« zeigt das tranige Treiben ohne Dünkel, ohne Mißbilligung, ohne Urteil, erforscht die Sackgasse(n) des Lebens mit ironischer Präzision, mit kritischer Zuneigung, mit heiterem Pessimismus: Alles dreht sich im Kreis. Vermutlich für immer.
R Lina Wertmüller B Lina Wertmüller K Gianni Di Venanzo M Ennio Morricone A Antonio Visone S Ruggero Mastroianni P Luigi Giacosi D Toni Petruzzi, Stefano Satta Flores, Sergio Ferranino, Flora Carabella, Luigi Barbieri | I | 85 min | 1:1,66 | sw | 2. September 1963
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