»Jetzt wollen Sie mich sicherlich küssen.« – »Sie merken aber auch alles.« – »Muß das denn sein?« Ein Nichts von einer Story: Ein paar Jungs, die bei Osram am Fließband stehen, wetten Sonnabend mittag darum, ob es Betriebscasanova Mecki (Horst Buchhholz) schafft, Christa, die Neue aus dem Büro (Barbara Frey), übers Wochenende rumzukriegen – mit fünf Mark sind Sie dabei! (»Zeit bis Montag früh« sollte der Film nach dem Willen des Drehbuchautors Will Tremper eigentlich lapidar heißen, aber Verleihchefin Ilse Kubaschewski, wie immer am Puls von Lieschen Müller, bestand auf dem, wie sie meinte, massenkompatibleren Titel »Endstation Liebe«.) Natürlich gelingt es dem zielbewußten, hübschen Burschen, das süße, spröde Mädchen von sich zu überzeugen – und ebenso natürlich kommen ihm wahre (= bisher unbekannte) Gefühle in die Quere … Die Qualität des Werks liegt im Verzicht auf eine raffinierte Handlungsführung, in den knappen, unsentimentalen Dialogen und in der mileuechten Berliner Atmosphäre, die Regisseur Georg Tressler und sein Kameramann Helmuth Ashley kreieren: der Stumpfsinn der Fabrikarbeit und ein sonntägliches Fußballspiel, ein Kaffeetrinken mit gestelzten Verwandten und ein turbulenter Abend im Catcherzelt, ein nächtlicher Spaziergang und eine imaginäre Fahrt um die Welt. »Endstation Liebe« hält souverän die Waage zwischen Spiel und Ernst, die Protagonisten vollführen subtile Gratwanderungen zwischen amourösem Zeitvertreib und echter Gemütsbewegung, zwischen emotionaler Enttäuschung und dem eigensinnigen Traum vom kleinen Glück … Dann beginnt die neue Woche. Wieder Alltag. Wieder Fließband. Christa läuft durch die Werkhalle. Mecki lächelt. Und der Stumpfsinn erscheint plötzlich ein bißchen weniger stumpf.
R Georg Tressler B Will Tremper K Helmuth Ashley M Martin Böttcher A Herbert Kirchhoff S Kurt Zeunert P Wenzel Lüdecke D Horst Buchholz, Barbara Frey, Karin Hardt, Franz Nicklisch, Harry Raymon | BRD | 85 min | 1:1,66 | sw | 23. Januar 1958
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