8.12.65

Fantômas se déchaîne (André Hunebelle, 1965)

Fantomas gegen Interpol

In der Maske der Unschuld schaut das Medium Kino zurück auf seine Kindertage, beschwört noch einmal die Welt der unterirdischen Gewölbe, wo geheimnisvolle Verschwörungen ausgeheckt werden, eine Welt, in der sich Holzbeine in Maschinenpistolen verwandeln und Autos in Flugzeuge. »Fantômas se déchaîne« – der zweite Teil des Serial-Aufgusses um den niederträchtigen Blaumann, den heroischen Reporter und den zappeligen Kommissar (der sich den Gegner verwandlungstechnisch zum Vorbild nimmt und nacheinander als Eisenbahnschaffner, italienischer General, Hoteldiener, Monsignore und Pirat auftritt) – wirkt naiv im unmittelbaren Sinne des Wortes: unbefangen und kindlich, ist dabei Lichtjahre entfernt vom formalen Modernismus der silbernen Sechziger (der nichtsdestoweniger spielerisch als Kulisse genutzt wird), zugleich durchdrungen vom Schwung einer Ära, die den Citroën DS erfindet, blind an die Zukunft glaubt und sich (beinahe) erfolgreich die eigene Arglosigkeit vorlügt. Die Innovation des Films liegt (wenn überhaupt) weder in der Erzählform, noch in Bildkomposition oder Montage sondern in der Verbindung von gnadenlosem Slapstick (ein weiterer Rückgriff auf die Frühzeit der Filmkunst) und gnadenlosem Verbrechen – es ist ein sehr subtiler Zynismus, der hier waltet. »Die Menschen«, heißt es in einem Film von Jean-Pierre Melville, »werden unschuldig geboren, aber sie bleiben es nicht.« Dieser Satz könnte auch für das Kino gelten. PS: »Fantômas, je te retrouverai, tu seras puni!«

R André Hunebelle B Jean Halain, Pierre Foucaud V Pierre Souvestre, Marcel Allain K Raymond Lemoigne M Michel Magne A Max Douy S Jean Feyte P Paul Cadéac, Alain Poiré D Jean Marais, Louis de Funès, Mylène Demongeot, Jacques Dynam, Robert Dalban | F & I | 94 min | 1:2,35 | f | 8. Dezember 1965

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