24.8.56

Bob le flambeur (Jean-Pierre Melville, 1956)

Drei Uhr nachts

»Voici tel qu’on vous racontera à Montmartre, la très curieuse histoire de Bob le flambeur.« Nach Jacques Beckers »Touchez pas au grisbi« (1954) und Jules Dassins »Du rififi chez les hommes« (1955) inszeniert Jean-Pierre Melville 1956 den dritten großen heist film des französischen Nachkriegskinos. Während Becker das Geschehen nach einem Raubzug erzählt, Dassin sich dagegen fast vollständig auf den Ablauf eines Einbruches konzentriert, schildert »Bob le flambeur« die Vorgeschichte eines Überfalls – der letztendlich nicht stattfinden wird. Mehr noch als auf die konkreten Vorbereitungen der Tat richtet Melville sein (fast ethnographisches) Augenmerk dabei auf die handelnden Personen, auf ihre Beziehungen zueinander, auf das (zwielichtig-neonglänzende) Milieu, in dem sie gewinnen und verlieren, leben und sterben. Im Zentrum des filmischen Interesses steht Bob: fashionable, silberhaarig, ein (meist glückloser) Spieler, »un vieux jeune homme«; als die finale Pleite droht, plant er den Befreiungsschlag: den ganz großen Coup. In einer (formal stellenweise etwas grobgeschliffenen) Mischung aus genretypischer Stilisierung und impressionistisch-improvisatorischer Prä-Nouvelle-Vague-Ästhetik verbeugt sich Melville einerseits vor seinen amerikanischen Vorbildern, zeichnet zum anderen eine poetische Topographie der Stadt Paris (genauer gesagt: der Gegend von Pigalle) zwischen Abenddämmerung und Morgengrauen, unternimmt eine intime Seelenschau der Parigot(e)s, folgt ihnen durch die Müdigkeit des Tages in die Leidenschaft(en) der Nacht, zeigt ihre Treubrüche und ihre Kameradschaft, ihre Gier und ihre Generosität. In einer ironischen Schlußpointe beschert Melville seinem Helden den ganz großen Gewinn – freilich nicht unbedingt den, auf welchen Bob, der alte junge Vabanquier, zuvor spekuliert hatte …

R Jean-Pierre Melville B Jean-Pierre Melville, Auguste Le Breton K Henri Decaë M Eddie Barclay, Jo Boyer A Claude Bouxin S Monique Bonnot P Jean-Pierre Melville, Serge Silberman D Roger Duchesne, Isabelle Corey, Daniel Cauchy, André Garet, Guy Decomble | F | 98 min | 1:1,37 | sw | 24. August 1956

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