Die letzte Metro
1942. Paris ist von den Deutschen besetzt. Im théâtre Montmartre wird ein neues Stück geprobt. Lucas Steiner (Heinz Bennent), jüdischer Intendant und Besitzer der Spielstätte, ist untergetaucht. Seine Frau Marion (Catherine Deneuve), umschwärmter Star des Hauses, bemüht sich nach Kräften, den Betrieb am Laufen zu halten. Der hitzköpfige Nachwuchsschauspieler Bernard Granger (Gérard Depardieu) ist ihr dabei nicht nur eine Hilfe … Eine delikate Dreieckskonstellation als Aufhänger eines atmosphärischen Zeitbildes: François Truffaut, der die Okkupation seiner Geburtsstadt als Kind erlebte, erinnert (sich) an Schwarzmarkt und Sperrstunde, an Widerstand und Kollaboration, gestaltet seinen Film jedoch nicht als düsteres Panorama, eher als schillerndes Divertimento, als Aufeinanderfolge schlaglichtartiger (Alltags-)Beobachtungen. Ein geschmuggelter Schinken im Cellokasten, aufgemalte Seidenstrümpfe oder Autoscheinwerfer, die als Bühnenbeleuchtung dienen, haben die gleiche erzählerische Relevanz wie antisemitische Hetzreden im Rundfunk, nächtliche Besuche der Gestapo oder das Leben im Kellerversteck. Daß »Le dernier métro« über besinnliches Qualitätskino dennoch weit hinausgeht, verdankt sich neben Truffauts tiefem Humanismus und dem differenzierten Spiel der Darsteller insbesondere der dramaturgischen Idee, einen der Handelnden aus dem Spiel zu nehmen, das er gleichwohl lenkt: Lucas Steiner, der zwangsweise »Verschwundene«, inszeniert das Drama »La disparue«, von seinem heimlichen Zufluchtsort unter der Bühne aus – so wird er zum Symbol des Geächteten, das eben nicht verschwindet, das sich nicht sang- und klanglos vernichten läßt, das fortbesteht und weiterwirkt.
R François Truffaut B François Truffaut, Suzanne Schiffman, Jean-Claude Grumberg K Nestor Almendros M Georges Delerue A Jean-Pierre Kohout-Svelko Ko Lisele Roos S Martine Barraqué P François Truffaut D Catherine Deneuve, Gérard Depardieu, Heinz Bennent, Andréa Ferréol, Jean Poiré, Jean-Louis Richard | F | 131 min | 1:1,66 | f | 16. September 1980
# 950 | 3. Juni 2015