Der Tod kennt keine Wiederkehr
»There's a long goodbye,
/ And it happens every day.« Philip Marlowe ist ein Relikt. Er fährt einen 1948er Lincoln Continental. Er trägt einen schwarzen Anzug. Er legt nie die Krawatte ab. Er glaubt an Loyalität. Robert Altman, der Raymond Chandlers Roman aus dem Jahr 1953 mit spleenig-hellhöriger (Nach-)Lässigkeit inszeniert, verlegt das obskure Geschehen aus der Nachkriegszeit in die Gegenwart: Elliott Gould nuschelt sich in der Rolle des legendären private eye durch das Los Angeles der frühen siebziger Jahre. Amerika zwischen Hippie und Watergate erscheint im Auge von Vilmos Zsigmonds unaufhörlich bewegter Kamera wie ein Wachtraum, den sonderbare, zumeist (geld-)gierige Existenzen bevölkern: ausgebrannte Vollblutschriftsteller und intrigante Ehefrauen, dubiose Ärzte und bösartige Gangster, falsche Freunde und wählerische Katzen. Marlowe, der in einem luftigen Apartment neben einer Kommune von sexy Kerzenzieherinnen haust, kommentiert alle Absonderlichkeiten, die ihm zwischen Hollywood Hills, Malibu Colony und dem mexikanischen Nest Otatoclán begegnen, mit dem immergleichen abgeklärten: »That’s OK with me.« Nur in Bezug auf Vertrauensbruch versteht der Detektiv keinen Spaß: »Nobody cares but me.« – »Well, that's you, Marlowe. You'll never learn. You're a born loser.« Die Sch(l)ußpointe beweist so etwas wie das Gegenteil. Das Engagement einer Reihe von Hollywood-Veteranen erhebt Altmans brillante Thriller-Variation geradewegs in den Rang eines Neo-noir-Klassikers – Sterling Hayden, der den versoffenen Romancier Roger Wade spielt, Autorin Leigh Brackett, die schon (mit William Faulkner) das Drehbuch zu Howard Hawks’ Chandler-Adaption »The Big Sleep« verfaßte, Johnny Mercer, der den Text zu John Williams’ vielfältig variierter Titelmelodie beisteuert: »It's too late to try, / When a missed hello / Becomes the long goodbye.«
R Robert Altman B Leigh Brackett V Raymond Chandler K Vilmos Zsigmond M John Williams S Lou Lombardo P Jerry Bick D Eliott Gould, Nina van Pallandt, Sterling Hayden, Mark Rydell, Henry Gibson | USA | 112 min | 1:2,35 | f | 7. März 1973
# 945 | 20. Februar 2015
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