20.5.61

Tschistjoje nebo (Grigori Tschuchrai, 1961)

Klarer Himmel

Geschichte einer Liebe in den Zeiten der roten Finsternis: Die schwärmerische Sascha (Nina Dobrischewa wirkt mitunter wie eine russische Giulietta Masina) verehrt das kühne Fliegeras Alexei (Jewgeni Urbanski). Der Große Vaterländische Krieg hat schon begonnen, als die beiden ein Paar werden. Ihnen bleiben nur wenige Tage des Glücks: Alexei kommt von einem Feindflug nicht zurück. Sascha fügt sich in ihr Witwenlos, bis der Totgeglaubte eines Tages vor der Tür steht. Der Heimkehrer ist zweifach gezeichnet: von einer tiefen Narbe quer durchs Gesicht und von der Schande, die deutsche Gefangenschaft überlebt zu haben. Im real-existierenden Stalinismus des Nachkriegs gilt Alexei als Verräter, der weder Pilot noch Kommunist sein darf. Erlösung bringt erst der Tod des Diktators. Die Wolken brechen auf. Das Eis schmilzt. Tauwetter … »Tschistjoje nebo«, eine expressiv fotografierte Schicksalssymphonie in Rückblenden, spart weder mit politischer Melodramatik noch mit visuellen Symbolismen. Vor allem im zweiten Teil des Films inszeniert Grigori Tschuchrai die Stalinsche Ära als ewigen Winter des Duckertums, dem Freude und Hoffnung nur mit größter Mühe abzutrotzen sind, als tristes Schattenreich der Willkür, wo zu Unrecht Angeklagte an ihre fiktive »Schuld« glauben, um den Verstand nicht zu verlieren. Auch wenn Alexei (der seine Rehabilitierung mit versteinerter Miene zur Kenntnis nimmt) sich wieder in die Lüfte erheben wird, zeigt Tschuchrai den Einzelnen nicht als Herrn und Helden der Geschichte sondern als deren Knecht und Opfer: Schrecken und Heil kommen und gehen wie die Jahreszeiten. Was bleibt, ist zuversichtlicher Fatalismus.

R Grigori Tschuchrai B Daniil Chabrowitski K Sergei Polujanow M Michail Siw A Boris Nemetschek S Marija Timofejewa P Mosfilm D Nina Dobrischewa, Jewgeni Urbanski, Natalja Kusmina, Witali Konjajew, Grigori Kulikow | SU | 110 min | 1:1,37 | f | 20. Mai 1961

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