Ein Gespenst auf Freiersfüßen
»Was it a vision, or a waking dream?« England um die Jahrhundertwende: Eine junge Witwe erträgt die bucklige Schwiegerverwandtschaft nicht mehr und zieht – mit kleiner Tochter und patentem Hausmädchen – aus, das Leben zu lernen. Was sie findet, ist ein haunted house am Meer, ein märchenhaftes Gemäuer, in dem der Geist des vormaligen Besitzers umgeht, einen verwunschenen Ort abseits der Welt, der sofort ihr Wohlgefallen findet. Die unerschrockene Mrs. Muir (Gene Tierney) und der verewigte Captain Gregg (Rex Harrison) treten, nach einer kurzen Phase der transsphärischen Akklimatisierung (mit einigem poltergeistigem Zimmerspuk), alsbald in eine romantische Beziehung, die nicht nur auf ideeller Verbundenheit beruht (die beiden verfassen »gemeinsam« den »autobiographischen« Seefahrer-Roman »Blood and Swash«), sondern der auch eine deutlich erotische Komponente eignet: Die attraktive Lebende und ihr toter Vertrauter teilen das Schlafzimmer des idyllischen Anwesens … Joseph L. Mankiewicz verbindet mit seiner sentimentalen Komödie höchst stilvoll Elemente der phantastischen Burleske und des psychologischen Dramas: »The Ghost and Mrs. Muir« handelt vom Umgang mit Verlust und vom Ringen um Selbständigkeit, es geht um Wunschprojektionen und um Traumbilder, die sich eine Frau von einem Mann, ein Mann von einer Frau – generaliter: ein Mensch vom anderen – macht. Reizvolle Irritation erregt zudem die Besetzung: Während ein sehr irdischer, sehr vitaler Darsteller das Phantom verkörpert, wird die Rolle der Diesseitigen von der vielleicht ätherischsten Kinoschönheit ihrer Zeit beseelt. PS: »It's no crime to be alive!«
R Joseph L. Mankiewicz B Philip Dunne V R. A. Dick K Charles Lang Jr. M Bernard Herrmann A George W. Davis, Richard Day S Dorothy Spencer P Fred Kohlmar D Gene Tierney, Rex Harrison, George Sanders, Edna Best, Natalie Wood | USA | 104 min | 1:1,37 | sw | 26. Juni 1947
Eine eigenartige Sache mit diesem Film: Ich hatte ihn wirklich in guter Erinnerung und stellte ihn anlässlich einer Besprechung von Dieterle's "Jenny" dem Jennifer Jones-Vehikel sogar mal als positives "Geister"-Erlebnis entgegen. Neulich kam es zur Neusichtung, die mich schrecklich langweilte. Ich begriff auch, dass es an Gene Tierney lag, mit der ich wenig anfangen kann (einen Kommentar zum von mir überhaupt nicht geschätzten Klassiker "Laura" verkniff ich mir, weil ich mich nicht blamieren wollte).
AntwortenLöschenIch mag die leere, fast unpersönliche Schönheit von Gene Tierney (Frieda Grafe schreibt: »… sie ist das verkörperte Photogenie …«) eigentlich ganz gerne (ohne ein großer Fan von ihr zu sein). In »Laura« finde ich sie als Verkörperung von männlichen Phantasien, als Bild, das lebendig wird, nahezu perfekt, und auch als Protagonistin dieser Spukromanze überzeugt sie mich. Sie hätte sicherlich gut in einen Kubrick-Film gepaßt. (Vielleicht war Gene Tierney so etwas wie die Marisa Berenson ihrer Zeit.)
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