»Eine wunderschöne Romanze: der Unternehmer und die Lottokönigin.« Auf die Frage, was er tue, wenn er einen Menschen liebe, antwortet Bertolt Brechts Herr Keuner, er mache einen Entwurf von ihm und sorge dafür, daß er ihm ähnlich werde – der Mensch, nicht der Entwurf. In Rainer Werner Fassbinders »Faustrecht der Freiheit« geht der naiv-sensible Homoprolo Franz Bieberkopf, der durch einen Glückstreffer zu Reichtum kommt, noch einen Schritt weiter: Er macht einen Entwurf von der Liebe (Vertrauen, Solidarität, eine Prise gutmütiger Provokation) und unternimmt alles, damit ihm das Leben ähnlich werde. Der Versuch schlägt fehl – die Verhältnisse, sie sind nicht so. Großzügigkeit (in emotionalen wie finanziellen Angelegenheiten), so Prämisse und Erkenntnis dieser eigentümlichen Zweckehe von ironisch-trostlosem Lehrstück und opernhaft-schwulem Melodram, wird als ebenjene Dummheit, die sie in der kapitalistischen Gesellschaft nun einmal ist, verstanden und entsprechend (aus-)genutzt. Die überraschungsfreie Geradlinigkeit der Erzählung erscheint als Schwäche und Stärke gleichermaßen: Zu keinem Zeitpunkt des Geschehens kann am Ausgang der Moritat gezweifelt werden – Spannung bleibt mithin aus; genau dieser Umstand erlaubt jedoch das präzise topographische Studium einer Gefühlslandschaft, die sich von den scheinfriedlichen Tälern der Illusion bis zu den Gipfeln des ausbeuterischen Verrats erstreckt. PS: »Es gibt Leute, die sich waschen, und andere, die sind sauber.« – »Und dann gibt es wieder Leute, die stinken, obwohl sie sauber sind.«
R Rainer Werner Fassbinder B Rainer Werner Fassbinder, Christian Hohoff K Michael Ballhaus M Peer Raben A Kurt Raab S Thea Eymèsz P Rainer Werner Fassbinder D Rainer Werner Fassbinder, Peter Chatel, Karlheinz Böhm, Adrian Hoven, Ulla Jacobsson | BRD | 123 min | 1:1,37 | f | 30. Mai 1975
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