Die Nächte der Cabiria
»Es gibt eine Gerechtigkeit auch auf dieser Welt. Man leidet, muß vieles durchmachen, aber dann kommt für alle der Augenblick des Glücks.« Für Cabiria (die eigentlich Maria heißt), eine kleine römische Straßendirne mit losem Mundwerk und einem Herzen aus Gold (Giulietta Masina), kommt vor dem Glück zunächst einmal der Moment der Wahrheit, genauer gesagt eine schier endlose Folge von Momenten der Wahrheit = der Enttäuschung, der Verzweiflung, der Einsamkeit, der (Todes-)Angst. Als eine Art weiblicher Don Quijote der (Nächsten-)Liebe kämpft Cabiria mit naiver (und manchmal nervtötender) Entschlossenheit gegen die Windmühlen der allgegenwärtigen Seelenlosigkeit und Entfremdung. Federico Fellinis vielleicht katholischster Film, eine handfest-spirituelle Pleiten-, Pech- und Pannenrevue (mit keifenden Nutten und schmierigen Filmstars, gutmütigen Bettelmönchen und niederträchtigen Frauenverstehern), kombiniert die typischen Szenerien des Neorealismus – jämmerliche Vororte, struppiges Ödland, fade Sozialbausiedlungen – mit den luxuriösen Quartieren der Reichen (wo nur eine andere Art von Armut herrscht) zu einer allegorischen Bühne der Suche nach dem Sinn des Lebens. »Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir.« Fellinis Maria/Cabiria verspürt schmerzlich die Abwesenheit der Gnade und verliert dennoch nicht die Hoffnung: In gestreifter Bluse und räudigem Pelz wandert die Stehauffrau mit den strahlenden Augen durch kleine und große Katastrophen unbeirrt der Erlösung entgegen – mag sie kommen oder auch nicht …
R Federico Fellini B Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Pier Paolo Pasolini V Maria Molinari K Aldo Tonti, Otello Martelli M Nino Rota A Piero Gherardi S Leo Cattozzo P Dino De Laurentiis D Giulietta Masina, François Périer, Franca Marzi, Dorain Gray, Amedeo Nazzari | I & F | 110 min | 1:1,37 | sw | 10. Mai 1957
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