Hinter den Credits hebt sich langsam der Vorhang und gibt den Blick frei auf die Szene: London. Es könnte allerdings auch jeder andere Ort sein, denn Alfred Hitchcock macht (sich) erstaunlich wenig aus dem spezifischen Flair seiner Heimatstadt. Genausowenig Leidenschaft bringt er für das Milieu auf, in dem sein krimikomödiantischer Film spielt: Die Welt des Theaters bleibt flache Kulisse. Die Story – Schauspielschülerin Eve (Jane Wyman) schleicht sich als Garderobiere bei der Diva Charlotte Inwood (Marlene Dietrich) ein, um ihren guten Freund Jonathan (Richard Todd) vom Verdacht des Mordes am Ehemann des exaltiert-fragwürdigen Bühnenstars reinzuwaschen – spielt mit dem Motiv der Maskerade, der Verstellung, der (optischen) Täuschung, ohne dem Thema besondere Tiefe abzugewinnen. Kurioserweise tritt in »Stage Fright« Hitchcocks Desinteresse an Schauspielern (von denen er sagt, sie gehörten behandelt wie Vieh) besonders deutlich zu Tage: Jeder spielt für sich allein – Marlene Dietrich repetiert ihre, einst von Josef von Sternberg erfundene, Glamour-Performance, Jane Wyman gibt eine leicht ironisierte Hollywood-Vorstellung der grauen Maus, Richard Todd chargiert zwischen nervös-verfolgter Unschuld und starr-glotzender Psychopathie, Alastair Sim und Sybil Thorndike (als Eves verschrobene Eltern) führen eine erzbritische comedy of manners auf. Der dramatische Schlußeffekt des außerordentlich disparaten Stücks spiegelt die Anfangseinstellung, und »wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und keine Fragen offen.«
R Alfred Hitchcock B Whitfield Cook, Alma Reville V Selwyn Jepson K Wilkie Cooper M Leighton Lucas A Terence Verity Ko Milo Anderson, Christian Dior S Edward B. Jarvis P Alfred Hitchcock D Jane Wyman, Marlene Dietrich, Richard Todd, Michael Wilding, Alastair Sim | UK | 110 min | 1:1,37 | sw | 15. April 1950
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen