Der Exorzist
Trotz stellenweise eher belustigender als schockierender Effekte (Stichwort: grüne Kotze) bemerkenswerte Studie einer dämonischen Inbesitznahme und ihrer Austreibung – vor allem weil das Unbehagen an greifbaren Orten in einem präzise gezeichneten Alltag unter psychologisch stimmigen Figuren entwickelt wird. Wie kaum einem anderen Mainstream-Regisseur der 1970er Jahre gelingt es William Friedkin, in seinen (stets außerordentlich spannenden) Genre-Erzählungen die Erosionsprozesse der westlichen Gesellschaft – das heißt: den tiefen Fall aus dem goldenen Nachkriegszeitalter der Prosperität, Ordnung und Selbstgewißheit in eine Ära der politischen, wirtschaftlichen, sozialen (und in der Folge auch individuellen) Depression – bildhaft zu machen. In »The Exorcist« sind es in erster Linie Owen Roizmans naturalistische Kamera, die reduziert-wirkungsvolle Tongestaltung (Chris Newman und Buzz Knudson) und das affektive Spiel der Darsteller – Ellen Burstyn als empört-verstörte Mutter, Lee J. Cobb als analytisch-blinder Ermittler sowie Jason Miller als einfühlsam-schuldbeladener Priester ragen heraus –, die Angst und Verunsicherung unmittelbar spürbar werden lassen, während Linda Blair als junge Besessene und Max von Sydow als alter Teufelsbeschwörer zumeist stereotypisch agieren (müssen). »The Exorcist« (entstanden im Jahr von Ölkrise, Watergate und Chile-Putsch) akzeptiert die Existenz des Bösen in der Welt als Realität – eine Realität, deren Überwindung (wenn überhaupt) nur durch Glauben und Opfer möglich ist. Den einen mag dies als Beweis für den reaktionäre Standpunkt des Films dienen, anderen gilt es vielleicht als Indiz für seine revolutionäre Gesinnung.
R William Friedkin B William Peter Blatty V William Peter Blatty K Owen Roizman A Bill Malley S Norman Gay, Evan Lottman P William Peter Blatty D Ellen Burstyn, Max von Sydow, Lee J. Cobb, Jason Miller, Linda Blair | USA | 122 min | 1:1,85 | f | 26. Dezember 1973
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