Blackout – Anatomie einer Leidenschaft
»They’re happy.« – »That’s because they don’t know each other well enough yet.« Gemälde von Gustav Klimt und Egon Schiele. »Der Kuß« und »Der Tod und das Mädchen«. Ein Mann, eine Frau, versunken in die Betrachtung der Bilder. Tom Waits singt: » Well, it's just an invitation to the blues.« Ein Rettungswagen rast durch das nächtliche Wien. Eine Frau, bewußtlos, ein Mann, sprachlos. Milena (Theresa Russell) hat einen Selbstmordversuch unternommen, ihr Freund Alex (Art Garfunkel) hat sie gefunden. Ein Inspektor (Harvey Keitel) untersucht Milenas Fall, um Widersprüche in Alex’ Aussagen aufzuklären. Noch radikaler als in seinen vorhergehenden Werken hebt Nicolas Roeg in »Bad Timing« die Chronologie die Ereignisse auf. Zeitschichten existieren im Universum des Films parallel, Gestern und Heute (und Morgen) bilden das Mosaik eines erotischen Melodramas, eines psychologischen Thrillers, einer unsentimentalen Beziehungsstudie. »If we don’t meet, there could always be the possibility that it would have been perfect.« Das Verhältnis zwischen dem kontrollierten Intellektuellen (der am Geburtsort der Psychoanalyse die Geheimnisse der Seele erforscht) und der impulsiven Hedonistin (die Symptome einer bipolaren Störung zeigt) entwickelt die hohe Gefühlsamplitude eines amour fou – einerseits Überschwang bis zur Hysterie, andererseits Depression bis zur (Selbst-)Zerstörung. »Leave and you kill me, leave and I’m dead.« Alex’ beharrliches Dominanzstreben, seine obsessive Eifersucht, Milenas unstillbarer Liebeshunger, ihre aggressive Freizügigkeit lassen die Affäre schließlich in ein Debakel münden. Ein Koma, eine Vergewaltigung, eine Nacht im Krankenhaus. Ein stummes Wiedersehen, nach Jahren, in einer anderen Stadt. Eine Narbe. Ein Fluß, über den keine Brücke führt. Billie Holiday singt: » The same old story. It's as old as the stars above.«
R Nicolas Roeg B Yale Udoff K Anthony Richmond M diverse A David Brockhurst Ko Marit Allen S Tony Lawson P Jeremy Thomas D Art Garfunkel, Theresa Russell, Harvey Keitel, Denholm Elliott, Daniel Massey | UK | 123 min | 1:2,35 | f | 12. April 1980
# 1064 | 31. Juli 2017
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12.4.80
Bad Timing (Nicolas Roeg, 1980)
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8.11.78
In einem Jahr mit 13 Monden (Rainer Werner Fassbinder, 1978)
Frankfurt. Fünf Tage im August 1978. Fünf Tage aus dem Leben der Elvira Weishaupt. Ihre letzten. Geboren wurde Elvira (Volker Spengler) als Erwin. Von der Mutter weggegeben. Aufgezogen von Nonnen im Waisenhaus. Dann Metzgerlehre. Ehe. Kind. Später Operation in Casablanca. Aus Liebe zu einem Mann, der von dieser Liebe nichts wissen will. Schließlich Prostitution. Alkohol. Depression. Das Endspiel dieses kaputten (oder »von der Ordnung, die die Menschen sich geschaffen haben«, kaputtgemachten) Lebens läuft ab als groteske Nummernrevue der Verzweiflung: die (Geschäfts-)Welt erscheint als veritables Schlachthaus, als Analogie des Konzentrationslagers, als dumpfer Todesreigen, die Gesellschaft zeigt sich als kalte, häßliche Hölle der Ausbeutung, der Lüge, der Sprachlosigkeit, der Liebesverweigerung, des absoluten Nein. »Idee, Buch, Produktion, Kamera, Ausstattung, Schnitt, Regie: Rainer Werner Fassbinder«, verkündet der Vorspann. Das Ergebnis ist so etwas wie der totale Autorenfilm, eine ungelenke, ungebremste, oft unansehnliche, in ihrer radikalen Entblößung bisweilen erschütternde Mischung aus kaum zumutbarer Larmoyanz und schriller Travestie, aus deklamatorischer Anklage und wimmerndem Schmerz, aus glasklarer Erkenntnis und (selbst-) zerstörerischer Lust. »In einem Jahr mit 13 Monden« mag Fassbinders persönlichstes Werk sein: Seine kulinarisch genossene Unfähigkeit zum (bzw. seine Verweigerung des) Glück(s) hat sich kaum je so rundheraus, so maßlos in lebende (?) Bilder transformiert wie im horrenden Fall der Elvira Weishaupt.
R Rainer Werner Fassbinder B Rainer Werner Fassbinder K Rainer Werner Fassbinder M Peer Raben A Rainer Werner Fassbinder S Rainer Werner Fassbinder P Rainer Werner Fassbinder D Volker Spengler, Ingrid Caven, Elisabeth Trissenaar, Gottfried John, Liselotte Eder | BRD | 124 min | 1:1,66 | f | 8. November 1978
R Rainer Werner Fassbinder B Rainer Werner Fassbinder K Rainer Werner Fassbinder M Peer Raben A Rainer Werner Fassbinder S Rainer Werner Fassbinder P Rainer Werner Fassbinder D Volker Spengler, Ingrid Caven, Elisabeth Trissenaar, Gottfried John, Liselotte Eder | BRD | 124 min | 1:1,66 | f | 8. November 1978
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28.9.77
La menace (Alain Corneau, 1977)
Lohn der Giganten
Beschrieb »Police Python 357« die verzweifelte Bemühungen eines unter Mordverdacht Geratenen, seine Unschuld zu beweisen, schildert »La menace« (≈ die Bedrohung) den Versuch eines Mannes, seine Geliebte von dem Verdacht zu entlasten, ein Verbrechen begangen zu haben, das nie stattgefunden hat ... Nachdem sich der Ex-Trucker Henri Savin (Yves Montand) von seiner wohlhabenden Lebensgefährtin Dominique (Marie Dubois) getrennt hat, fällt diese in eine Depression und bringt sich schließlich um – ein Suizid, der wie ein Mord aussieht, für den Savins neue Freundin Julie (Carole Laure) zur Rechenschaft gezogen werden soll. Savin, Alleinerbe der Verstorbenen, legt Spuren, die ihn als Täter ausweisen, und setzt sich nach Kanada ab, um dort, in einem risikoreichen Befreiungsmanöver, seinen Tod zu inszenieren und ein neues Leben zu beginnen … Alain Corneau knüpft zunächst mit geduldiger Akribie das fatale Netz der irreführenden Hinweise, der falschen Schlüsse, der schicksalhaften Bedrängnisse, um im letzten Viertel des Films ein furioses Actionfinale zu entfesseln, das einen Vergleich mit kinematographischen Vorbilder wie Henri-Georges Clouzots »Le salaire de la peur« und Steven Spielbergs »Duel« nicht zu scheuen braucht. Gerry Mulligans bald lyrisch-introspektiver, bald fiebrig-nervöser Jazz-Soundtrack begleitet und treibt das heikle Geschehen bis zur sarkastischen Pointe.
R Alain Corneau B Daniel Boulanger, Alain Corneau K Pierre-William Glenn M Gerry Mulligan A Jean-Pierre Kohut-Svelko S Henri Lanoë P Denise Petitdidier, Léo L. Fuchs D Yves Montand, Carol Laure, Marie Dubois, Jean-François Balmer, Jacques Rispal | F & CDN | 117 min | 1:1,66 | f | 28. September 1977
# 1059 | 22. Juni 2017
Beschrieb »Police Python 357« die verzweifelte Bemühungen eines unter Mordverdacht Geratenen, seine Unschuld zu beweisen, schildert »La menace« (≈ die Bedrohung) den Versuch eines Mannes, seine Geliebte von dem Verdacht zu entlasten, ein Verbrechen begangen zu haben, das nie stattgefunden hat ... Nachdem sich der Ex-Trucker Henri Savin (Yves Montand) von seiner wohlhabenden Lebensgefährtin Dominique (Marie Dubois) getrennt hat, fällt diese in eine Depression und bringt sich schließlich um – ein Suizid, der wie ein Mord aussieht, für den Savins neue Freundin Julie (Carole Laure) zur Rechenschaft gezogen werden soll. Savin, Alleinerbe der Verstorbenen, legt Spuren, die ihn als Täter ausweisen, und setzt sich nach Kanada ab, um dort, in einem risikoreichen Befreiungsmanöver, seinen Tod zu inszenieren und ein neues Leben zu beginnen … Alain Corneau knüpft zunächst mit geduldiger Akribie das fatale Netz der irreführenden Hinweise, der falschen Schlüsse, der schicksalhaften Bedrängnisse, um im letzten Viertel des Films ein furioses Actionfinale zu entfesseln, das einen Vergleich mit kinematographischen Vorbilder wie Henri-Georges Clouzots »Le salaire de la peur« und Steven Spielbergs »Duel« nicht zu scheuen braucht. Gerry Mulligans bald lyrisch-introspektiver, bald fiebrig-nervöser Jazz-Soundtrack begleitet und treibt das heikle Geschehen bis zur sarkastischen Pointe.
R Alain Corneau B Daniel Boulanger, Alain Corneau K Pierre-William Glenn M Gerry Mulligan A Jean-Pierre Kohut-Svelko S Henri Lanoë P Denise Petitdidier, Léo L. Fuchs D Yves Montand, Carol Laure, Marie Dubois, Jean-François Balmer, Jacques Rispal | F & CDN | 117 min | 1:1,66 | f | 28. September 1977
# 1059 | 22. Juni 2017
20.9.73
L’emmerdeur (Edouard Molinaro, 1973)
Die Filzlaus
»On a toujours besoin d'un ami dans la vie.« Zwei Herren, Zimmernachbarn im fünften Stock eines südfranzösischen Mittelklassehotels: M. Pignon (Jacques Brel) wurde (wegen eines Psychiaters!) von seiner Frau verlassen und will sich darob das Leben nehmen, M. Milan (Lino Ventura) kennt keine Gefühle und hat einen tödlichen Job zu erledigen. Der Jammerlappen und der Profikiller werden von außergewöhlichen Umständen auf Gedeih und (insbesondere) Verderb aneinandergekettet. »L’emmerdeur« ist reines Schauspielerkino, vielmehr: Körperkino und Gesichterkino, kontrastiv und komparativ: der hypernervöse Schlacks und der massive Klotz, die aufgewühlte Pferdefresse und das gefrorene Steingesicht. Zwar benötigt Édouard Molinaro einen halben (kurzen) Film lang, um die Gegensätze effektiv in Stellung zu bringen, aber sobald es vollbracht ist, gibt es für Brel und Ventura kein kinematographisches Halten mehr. »Vous m'avez sauvé la vie. Je ne l'oublierai jamais.«
R Édouard Molinaro B Francis Veber V Francis Veber K Raoul Coutard M Jacques Brel, François Rauber A François de Lamothe S Monique Isnardon, Robert Isnardon P Jean Dancigers, Alexandre Mnouchkine D Lino Ventura, Jacques Brel, Nino Castelnuovo, Caroline Cellier, Jean-Pierre Darras | F & I | 85 min | 1:1,66 | f | 20. September 1973
# 850 | 15. März 2014
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Ventura
28.8.69
Une femme douce (Robert Bresson, 1969)
Die Sanfte
»Je suis ici, l’autre est ailleurs, et le silence est terrible.« (Paul Claudel) ... Fahrt durch das nächtliche Paris. Dichter Verkehr, Passanten, Leuchtreklamen. Eine Hand an der Klinke einer Glastür. Der Rücken einer Frau in Schwarz, die durch die Tür in einen Salon tritt. Blick zum Balkon: ein wippender Schaukelstuhl, ein umstürzender Tisch, ein zu Boden fallender Blumentopf. Ein weißer Schal, der vor der Fassade eines Wohnhauses langsam zu Boden schwebt. Das Quietschen von Bremsen. Autos, die am Straßenrand halten. Beine, die über das Trottoir laufen. Die Sirene eines nahenden Krankenwagens. Eine blonde Frau, die mit ausgestreckten Gliedern bäuchlings auf dem Asphalt liegt. Neben ihrem Kopf ein Blutfleck. Am Totenbett der jungen Frau (Dominique Sanda) fragt (sich) ihr Mann – im (Selbst-)Gespräch mit einer alten Haushälterin – weniger nach dem Grund für ihren scheinbar anlaßlosen Selbstmord, als danach, ob sie ihn liebte, ob sie ihn möglicherweise betrog, ob sie wußte, daß er sie liebt. Indem er den Mann Szenen einer Ehe – die sich dem Zuhörer und Betrachter in erster Linie als Momente des Mißverstehens, der Fremdheit, des Schweigens zwischen dem kühlen Pfandleiher und der empfindsamen Träumerin präsentieren – erinnernd rekapitulieren läßt, führt Robert Bresson in seiner freien Bearbeitung einer Dostojewski-Erzählung nicht nur Gegenwart und Vergangenheit parallel, sondern konfrontiert auch das Leben und den Tod, der alle Antworten mit sich nimmt. Ein stilles Meisterwerk über das Geheimnis, den Zweifel, die Einsamkeit zu zweit – und über die Nacht »qui est commune et incommunicable«.
R Robert Bresson B Robert Bresson V Fjodor M. Dostojewski K Ghislain Cloquet M diverse A Pierre Charbonnier S Raymond Lamy P Mag Bodard D Dominique Sanda, Guy Frangin, Jane Lobre | F & B | 88 min | 1:1,66 | f | 28. August 1969
# 1128 | 23. Juni 2018
»Je suis ici, l’autre est ailleurs, et le silence est terrible.« (Paul Claudel) ... Fahrt durch das nächtliche Paris. Dichter Verkehr, Passanten, Leuchtreklamen. Eine Hand an der Klinke einer Glastür. Der Rücken einer Frau in Schwarz, die durch die Tür in einen Salon tritt. Blick zum Balkon: ein wippender Schaukelstuhl, ein umstürzender Tisch, ein zu Boden fallender Blumentopf. Ein weißer Schal, der vor der Fassade eines Wohnhauses langsam zu Boden schwebt. Das Quietschen von Bremsen. Autos, die am Straßenrand halten. Beine, die über das Trottoir laufen. Die Sirene eines nahenden Krankenwagens. Eine blonde Frau, die mit ausgestreckten Gliedern bäuchlings auf dem Asphalt liegt. Neben ihrem Kopf ein Blutfleck. Am Totenbett der jungen Frau (Dominique Sanda) fragt (sich) ihr Mann – im (Selbst-)Gespräch mit einer alten Haushälterin – weniger nach dem Grund für ihren scheinbar anlaßlosen Selbstmord, als danach, ob sie ihn liebte, ob sie ihn möglicherweise betrog, ob sie wußte, daß er sie liebt. Indem er den Mann Szenen einer Ehe – die sich dem Zuhörer und Betrachter in erster Linie als Momente des Mißverstehens, der Fremdheit, des Schweigens zwischen dem kühlen Pfandleiher und der empfindsamen Träumerin präsentieren – erinnernd rekapitulieren läßt, führt Robert Bresson in seiner freien Bearbeitung einer Dostojewski-Erzählung nicht nur Gegenwart und Vergangenheit parallel, sondern konfrontiert auch das Leben und den Tod, der alle Antworten mit sich nimmt. Ein stilles Meisterwerk über das Geheimnis, den Zweifel, die Einsamkeit zu zweit – und über die Nacht »qui est commune et incommunicable«.
R Robert Bresson B Robert Bresson V Fjodor M. Dostojewski K Ghislain Cloquet M diverse A Pierre Charbonnier S Raymond Lamy P Mag Bodard D Dominique Sanda, Guy Frangin, Jane Lobre | F & B | 88 min | 1:1,66 | f | 28. August 1969
# 1128 | 23. Juni 2018
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26.4.68
Je t’aime, je t’aime (Alain Resnais, 1968)
Ich liebe dich, ich liebe dich
»C’était bien?« – »Très.« Er liegt in der Klinik. Er hat versucht sich umzubringen. Man ist an ihm interessiert. Warum? Weil er nichts zu verlieren hat. Hat er eine Chance zurückzukommen? Das weiß niemand. Er wird aus dem Krankenhaus entlassen. Er heißt Claude Ridder. Er willigt ein, an einem Experiment teilzunehmen. Im Forschungszentrum Crespel beschäftigt man sich mit der Zeit. Bislang wurden Versuche mit Mäusen angestellt, nun soll Ridder als erster Mensch in seine eigene Vergangenheit reisen, soll eine Minute seines Lebens wiedererleben, eine Minute, die exakt ein Jahr zurückliegt. Die Zeitmaschine, die Alain Resnais für seinen Film konstruiert hat, ist keine modernistische High-Tech-Installation à la Irwin Allen, vielmehr ähnelt die organisch geformte Anlage mit ihrem höhlenartigen Inneren einer gigantischen Knolle, oder einer übergroßen Herzkammer, oder einem riesigen Gehirn. Der Versuch beginnt. Ridder schwimmt unter Wasser, er taucht aus dem Meer. Am Ufer liegt eine Frau, sie fragt ihn: »C’était bien?« – »Très.« – »Tu as vu beaucoup de poissons?« Dann läuft etwas schief. Ridder geht verloren, wird durch die Zeiten geschleudert, treibt kreuz und quer durch seine Erinnerungen. Fragmente einer Biographie blitzen auf, elliptisch, diskontinuierlich, flüchtig wie Reflexe eines Spiegelkugel, Momente, Situationen, Begegnungen, heiter, banal, quälend: berufliche Stationen, eine komplizierte Liebesgeschichte, Glück, Langweile, Schuld. Gedanken, Assoziationen, Wiederholungen: zahllose Perspektiven, die sich nicht zu einem Gesamtbild fügen. Der Mensch als unerforschliches Wesen, als Gefangener seines sprunghaften Gedächtnisses, als Irrender in einem ewig unvollendeten Labyrinth, aus dem nur ein einziger Weg herausführt. »Tu as vu beaucoup de poissons?« – »Deux serpents de mer, quelques requins, des méduses géantes. A part ça, rien de très particulier.«
R Alain Resnais B Jacques Sternberg K Jean Boffety M Krzysztof Penderecki A Jacques Dugied, Augusto Pace S Albert Jurgenson, Colette Leloup P Mag Bodard D Claude Rich, Olga Georges-Picot, Anouk Ferjac, Van Doude, Bernard Fresson | F | 92 min | 1:1,66 | f | 26. April 1968
# 841 | 7. März 2014
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8.7.66
Operazione paura (Mario Bava, 1966)
Die toten Augen des Dr. Dracula
Um die Jahrhundertwende. Dr. Eswai wird in ein abgelegenes Dorf gerufen, wo sich merkwürdige Selbstmordfälle häufen. Der Mediziner gelangt an einen verwunschenen Ort, auf dem ein unnennbarer Fluch liegt. Das Klima aus Angst, Schuld, Verzweiflung und Sterbensmüdigkeit, die unlösbare Kettung ans Gestern, die nicht zu lokalisierende Geographie, die nicht einordenbaren Namen (Kruger, Schuftan, Hollander, Graps) – all dies läßt die kleine Gemeinde mit ihren moosbedeckten Ruinen, ihren labyrinthischen Gäßchen, ihrer von unsichtbarer Hand geläuteten Glocke wie eine Modellkulisse des alten, von der Bürde einer schrecklichen Geschichte bedrückten Europa erscheinen. »Operazione paura« präsentiert ein Kind als Inkarnation dieses Unglücks, den ruhelosen Geist der kleinen blonden Melissa, deren Ball immer wieder unheilverkündend durch die Szenen hüpft, deren gickerndes Lachen baldigen Tod verheißt … Mario Bavas spinnverwebte Elegie der (Selbst-)Zerstörung und des Zerfalls ist ein feingeschliffenes (Kino-)Juwel der Schwarzen Romantik, eine fantastische Wundertüte, vollgestopft mit Symbolen der Vergänglichkeit, ein dramatisches Renkontre von Ratio und Wahn, ein heimtückisches Familienstück, ein Hexentanz durch endlos vervielfachte Salons, in denen der Mensch sich selbst verfolgt, und – nicht zuletzt – ein kreativer Kratzfuß vor Hitchcock und Cocteau. Schwebende Kamerafahrten wechseln mit messerstichartigen Zooms, trostlose Kammern kontrastieren mit barocken Farbräumen, das Innen fällt ins Außen, und eine Wendeltreppe wird zum Auge, das ins Grauen blickt.
R Mario Bava B Romano Migliorini, Roberto Natale, Mario Bava K Antonio Rinaldi M Carlo Rustichelli A Alessandro Dell’Orco S Romano Fortini P Luciano Cantenacci, Nando Pisani D Giacomo Rossi-Stuart, Erika Blanc, Fabienne Dali, Piero Lulli, Giovanna Galletti | I | 85 min | 1:1,85 | f | 8. Juli 1966
Um die Jahrhundertwende. Dr. Eswai wird in ein abgelegenes Dorf gerufen, wo sich merkwürdige Selbstmordfälle häufen. Der Mediziner gelangt an einen verwunschenen Ort, auf dem ein unnennbarer Fluch liegt. Das Klima aus Angst, Schuld, Verzweiflung und Sterbensmüdigkeit, die unlösbare Kettung ans Gestern, die nicht zu lokalisierende Geographie, die nicht einordenbaren Namen (Kruger, Schuftan, Hollander, Graps) – all dies läßt die kleine Gemeinde mit ihren moosbedeckten Ruinen, ihren labyrinthischen Gäßchen, ihrer von unsichtbarer Hand geläuteten Glocke wie eine Modellkulisse des alten, von der Bürde einer schrecklichen Geschichte bedrückten Europa erscheinen. »Operazione paura« präsentiert ein Kind als Inkarnation dieses Unglücks, den ruhelosen Geist der kleinen blonden Melissa, deren Ball immer wieder unheilverkündend durch die Szenen hüpft, deren gickerndes Lachen baldigen Tod verheißt … Mario Bavas spinnverwebte Elegie der (Selbst-)Zerstörung und des Zerfalls ist ein feingeschliffenes (Kino-)Juwel der Schwarzen Romantik, eine fantastische Wundertüte, vollgestopft mit Symbolen der Vergänglichkeit, ein dramatisches Renkontre von Ratio und Wahn, ein heimtückisches Familienstück, ein Hexentanz durch endlos vervielfachte Salons, in denen der Mensch sich selbst verfolgt, und – nicht zuletzt – ein kreativer Kratzfuß vor Hitchcock und Cocteau. Schwebende Kamerafahrten wechseln mit messerstichartigen Zooms, trostlose Kammern kontrastieren mit barocken Farbräumen, das Innen fällt ins Außen, und eine Wendeltreppe wird zum Auge, das ins Grauen blickt.
R Mario Bava B Romano Migliorini, Roberto Natale, Mario Bava K Antonio Rinaldi M Carlo Rustichelli A Alessandro Dell’Orco S Romano Fortini P Luciano Cantenacci, Nando Pisani D Giacomo Rossi-Stuart, Erika Blanc, Fabienne Dali, Piero Lulli, Giovanna Galletti | I | 85 min | 1:1,85 | f | 8. Juli 1966
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15.10.63
Le feu follet (Louis Malle, 1963)
Das Irrlicht
»Pauvre Alain, comme vous êtes mal.« Als er jung und schön war, hat Alain Leroy fröhlich gefeiert, hat die Frauen reihenweise flachgelegt, hat gesoffen wie ein Loch. Die Zeit verging. Die Freunde wurden ernsthaft – seriöse Bürger, salbungsvolle Intellektuelle, echte Verbrecher. Alain verabscheut dies alles, findet es hohl, verlogen, medioker, dumm. Erwachsen werden ist für ihn keine Option: »Difficile d’être un homme. Il faut avoir envie.« Die Freunde, die Frauen, sie sind auf der Strecke seines Lebens geblieben, nur die Flasche, sie steht immer noch auf dem Tisch … Der Anfang von »Le feu follet« findet Alain (versteinert: Maurice Ronet) am Ende einer Entziehungskur, die er scheinbar erfolgreich hinter sich brachte. Doch Alain ist nicht nüchtern, er ist leer, ohne jede Hoffnung, kann weniger als je zuvor die Dinge, die Menschen berühren, spürt nichts im Gegenüber, fühlt nichts in seinem Inneren. »Alain, la vie est bonne«, behauptet sein Arzt. »Dites-moi en quoi, docteur«, antwortet der an sich selbst und der Menschheit zutiefst Verzweifelnde. Das Datum seines Todes (23 juillet) fest notiert, macht Alain eine letzte Runde durch alte Zeiten, streift noch einmal durch die Stadt vormaliger Abenteuer, besucht die Kameraden, die Geliebten von einst. Als wandelnder Vorwurf sitzt, steht, geht er zwischen den Gespenstern seiner Vergangenheit, empört sich über ihre Ruhe, ihre Zufriedenheit, ihre Selbstgewißheit: »Croyez-vous dans vos actes?« Louis Malle schildert die letzten 48 Stunden seines unglücklichen Protagonisten mit lakonischer Anteilnahme, äußerster Akribie und formaler Strenge, hält dabei die Quintessenz der Erzählung diskret in der in der Schwebe: Ist Alain das Irrlicht? Oder die Welt, die ihn umgibt? Kennzeichnet Alains stolze Verweigerung die anderen als Kompromißler, die einen falschen Seelenfrieden in ewiger Langeweile akzeptiert haben? Oder ist Alain ein anmaßender Feigling, der nicht wahrhaben will, daß Glück nicht immer lustig ist, ein Dandy, der sein Scheitern zur tödlichen Krankheit stilisiert? Ob es sich um wirkliches Leiden oder um einen Phantomschmerz handelt, spielt letzten Endes keine Rolle – für Alain gibt es nur einen (Aus-)Weg: »C’est fini pour moi. Je m’en vais.«
R Louis Malle B Louis Malle V Pierre Drieu la Rochelle K Ghislain Cloquet A Bernard Evein S Suzanne Baron P Alain Quefféléan D Maurice Ronet, Bernard Noël, Jacques Sereis, Alexandra Stewart, Jeanne Moreau | F | 108 min | 1:1,66 | sw | 15. Oktober 1963
»Pauvre Alain, comme vous êtes mal.« Als er jung und schön war, hat Alain Leroy fröhlich gefeiert, hat die Frauen reihenweise flachgelegt, hat gesoffen wie ein Loch. Die Zeit verging. Die Freunde wurden ernsthaft – seriöse Bürger, salbungsvolle Intellektuelle, echte Verbrecher. Alain verabscheut dies alles, findet es hohl, verlogen, medioker, dumm. Erwachsen werden ist für ihn keine Option: »Difficile d’être un homme. Il faut avoir envie.« Die Freunde, die Frauen, sie sind auf der Strecke seines Lebens geblieben, nur die Flasche, sie steht immer noch auf dem Tisch … Der Anfang von »Le feu follet« findet Alain (versteinert: Maurice Ronet) am Ende einer Entziehungskur, die er scheinbar erfolgreich hinter sich brachte. Doch Alain ist nicht nüchtern, er ist leer, ohne jede Hoffnung, kann weniger als je zuvor die Dinge, die Menschen berühren, spürt nichts im Gegenüber, fühlt nichts in seinem Inneren. »Alain, la vie est bonne«, behauptet sein Arzt. »Dites-moi en quoi, docteur«, antwortet der an sich selbst und der Menschheit zutiefst Verzweifelnde. Das Datum seines Todes (23 juillet) fest notiert, macht Alain eine letzte Runde durch alte Zeiten, streift noch einmal durch die Stadt vormaliger Abenteuer, besucht die Kameraden, die Geliebten von einst. Als wandelnder Vorwurf sitzt, steht, geht er zwischen den Gespenstern seiner Vergangenheit, empört sich über ihre Ruhe, ihre Zufriedenheit, ihre Selbstgewißheit: »Croyez-vous dans vos actes?« Louis Malle schildert die letzten 48 Stunden seines unglücklichen Protagonisten mit lakonischer Anteilnahme, äußerster Akribie und formaler Strenge, hält dabei die Quintessenz der Erzählung diskret in der in der Schwebe: Ist Alain das Irrlicht? Oder die Welt, die ihn umgibt? Kennzeichnet Alains stolze Verweigerung die anderen als Kompromißler, die einen falschen Seelenfrieden in ewiger Langeweile akzeptiert haben? Oder ist Alain ein anmaßender Feigling, der nicht wahrhaben will, daß Glück nicht immer lustig ist, ein Dandy, der sein Scheitern zur tödlichen Krankheit stilisiert? Ob es sich um wirkliches Leiden oder um einen Phantomschmerz handelt, spielt letzten Endes keine Rolle – für Alain gibt es nur einen (Aus-)Weg: »C’est fini pour moi. Je m’en vais.«
R Louis Malle B Louis Malle V Pierre Drieu la Rochelle K Ghislain Cloquet A Bernard Evein S Suzanne Baron P Alain Quefféléan D Maurice Ronet, Bernard Noël, Jacques Sereis, Alexandra Stewart, Jeanne Moreau | F | 108 min | 1:1,66 | sw | 15. Oktober 1963
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Drama,
Erinnerung,
Gesellschaft,
Klinik,
Malle,
Moreau,
Paris,
Ronet,
Schriftsteller,
Selbstmord,
Tod
14.7.57
Il grido (Michelangelo Antonioni, 1957)
Der Schrei
Von seiner langjährigen Lebensgefährtin Irma (Alida Valli) wegen eines anderen verlassen, mit einem Schlag aus der (scheinbar) geordeneten Lebensbahn in die (faktische und metaphysische) Unbehaustheit geworfen, streift der Fabrikarbeiter Aldo (Steve Cochran) in Begleitung seiner kleinen Tochter durch die winterliche Po-Ebene, eine beispiellos triste, von Gianni Di Venanzo freilich in überaus delikat komponierten Schwarzweiß-, oder eher: Graubildern fotografierte Landschaft: von kahlen Baumreihen gesäumte Straßen und schlammige Wege zwischen krautigen Wiesen, ärmliche Dörfer und einsame Hütten am Fluß. Bei drei Frauen macht Aldo auf seiner Reise Station – bei der früheren Freundin Elvia (Betsy Blair), die ihn trotz eines Aufflackerns der alten Zuneigung abweist, bei der Tankstellenbesitzerin Virginia (Dorian Gray), deren selbstbewußte Resolutheit ihn in die Flucht schlägt, bei der flotten Gelegenheitsprostiuierten Andreina (Lynn Shaw), die er nach einem kurzen Techtelmechtel in ihrem Elend sitzenläßt –, bevor er schließlich in seinen Heimatort zurückkehrt, wo er ein für alle Mal feststellen muß, daß es dort keinen Platz mehr für ihn gibt, vielleicht nie gegeben hat. Michelangelo Antonioni läßt sein existenzialistisches Roadmovie – eine eindrückliche Studie der Sprachlosigkeit, der Isolation, der Entmutigung – auf einen definitven Augenblick der Wahrheit zielen, den (alles und nichts) entscheidenden Moment, da stille Verzweiflung in schreienden Schmerz umschlägt.
R Michelangelo Antonioni B Michelangelo Antonioni, Elio Bartolini, Ennio De Concini K Gianni Di Venanzo M Giovanni Fusco A Franco Fontana S Eraldo Da Roma P Franco Cancellieri D Steve Cochran, Mirna Girardi, Alida Valli, Betsy Blair, Dorian Gray, Lynn Shaw | I & USA | 116 min | 1:1,37 | sw | 14. Juli 1957
# 1162 | 2. Juli 2019
Von seiner langjährigen Lebensgefährtin Irma (Alida Valli) wegen eines anderen verlassen, mit einem Schlag aus der (scheinbar) geordeneten Lebensbahn in die (faktische und metaphysische) Unbehaustheit geworfen, streift der Fabrikarbeiter Aldo (Steve Cochran) in Begleitung seiner kleinen Tochter durch die winterliche Po-Ebene, eine beispiellos triste, von Gianni Di Venanzo freilich in überaus delikat komponierten Schwarzweiß-, oder eher: Graubildern fotografierte Landschaft: von kahlen Baumreihen gesäumte Straßen und schlammige Wege zwischen krautigen Wiesen, ärmliche Dörfer und einsame Hütten am Fluß. Bei drei Frauen macht Aldo auf seiner Reise Station – bei der früheren Freundin Elvia (Betsy Blair), die ihn trotz eines Aufflackerns der alten Zuneigung abweist, bei der Tankstellenbesitzerin Virginia (Dorian Gray), deren selbstbewußte Resolutheit ihn in die Flucht schlägt, bei der flotten Gelegenheitsprostiuierten Andreina (Lynn Shaw), die er nach einem kurzen Techtelmechtel in ihrem Elend sitzenläßt –, bevor er schließlich in seinen Heimatort zurückkehrt, wo er ein für alle Mal feststellen muß, daß es dort keinen Platz mehr für ihn gibt, vielleicht nie gegeben hat. Michelangelo Antonioni läßt sein existenzialistisches Roadmovie – eine eindrückliche Studie der Sprachlosigkeit, der Isolation, der Entmutigung – auf einen definitven Augenblick der Wahrheit zielen, den (alles und nichts) entscheidenden Moment, da stille Verzweiflung in schreienden Schmerz umschlägt.
R Michelangelo Antonioni B Michelangelo Antonioni, Elio Bartolini, Ennio De Concini K Gianni Di Venanzo M Giovanni Fusco A Franco Fontana S Eraldo Da Roma P Franco Cancellieri D Steve Cochran, Mirna Girardi, Alida Valli, Betsy Blair, Dorian Gray, Lynn Shaw | I & USA | 116 min | 1:1,37 | sw | 14. Juli 1957
# 1162 | 2. Juli 2019
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Gesellschaft,
Poebene,
Roadmovie,
Selbstmord,
Valli,
Vater
5.1.56
Teufel in Seide (Rolf Hansen, 1956)
»Vorsicht, die Flut kommt!« Ein scheinbar vollkommen künstliches Melodram, das überdimensionale Gefühle in synthetischen (von Robert Herlth gebauten) Studioräumen ausstellt. Lilli Palmer spielt die Titelrolle, den »Teufel in Seide«, eine Frau von Welt (und Geld), die mit absoluter Ausschließlichkeit liebt, die dem begehrten Gegenüber im totalen Geben noch das Letzte nimmt, die der zerstörerischen Erfüllung ihrer Hingabe alles unterordnet, auch das eigene Leben. Curd Jürgens spielt das Objekt und Opfer dieser Liebe, einen redlichen (und, wie es sich gehört, brotlosen) Künstler, einen naiven Koloß, der unter dem massiven Beschuß von fataler Leidenschaft ins Wanken gerät. In präsenten Nebenrollen, dennoch fast zermahlen von der tödlichen Mechanik der Gefühle: Winnie Markus als Eule, die zur Nachtigall wird; Hilde Körber als Dienstmädchen, das die seelischen Klüfte der Herrschaft kennt; Adelheid Seeck als allwissende Schwester; Hans Nielsen als emphatischer Anwalt … Rolf Hansen verzahnt wirkungsvoll Schnulze und Krimi, Gewissensdrama und Gerichtsfilm, formt (basierend auf einem Roman von Gina Kaus) stilbewußt eine (beinahe) katastrophische Kolportage um Schuld und Gewissen, Berechnung und Mitleid, eine tragische Farce der (selbst-)mörderischen emotionalen Verstrickung. Nach wundersamer Entlastung in letzter Minute schließt der Film mit einer so frommen wie fragwürdigen Überzeugung: »Wenn man den Abgrund kennt, geht man sicherer.« Hier spricht wohl ein Volk, das eben noch klaren Sinnes in die Tiefe des Verderbens sprang, tröstend zu sich selbst.
R Rolf Hansen B Jochen Huth V Gina Kaus K Franz Weihmayr M Mark Lothar A Robert Herlth S Anna Höllering P Heinz Abel D Lilli Palmer, Curd Jürgens, Winnie Markus, Adelheid Seeck, Hilde Körber | BRD | 104 min | 1:1,66 | sw | 5. Januar 1956
R Rolf Hansen B Jochen Huth V Gina Kaus K Franz Weihmayr M Mark Lothar A Robert Herlth S Anna Höllering P Heinz Abel D Lilli Palmer, Curd Jürgens, Winnie Markus, Adelheid Seeck, Hilde Körber | BRD | 104 min | 1:1,66 | sw | 5. Januar 1956
6.9.55
Le amiche (Michelangelo Antonioni, 1955)
Die Freundinnen
Die Geschichte einer Rückkehr: Clelia (Eleonora Rossi Drago), leitende Mitarbeiterin eines römischen Modehauses, kommt nach vielen Jahren der Abwesenheit in ihre Heimat(?)stadt Turin, um eine Dependance des eleganten Couture-Salons zu etablieren. Ebenso geradewegs wie zufällig wird sie in die Amüsements und Rivalitäten, die Affären und Kabale eines bohèmistisch-bourgeoisen Freundinnen(?)kreises verstrickt: da sind eine zynische Salonlöwin (Yvonne Furnaux) und ein sorgloses Flittchen (Anna Maria Pancani), eine schmerzensmütterliche Künstlerin (Valentina Cortese) und eine niedergeschlagene höhere Tochter (Madeleine Fischer). Die Männer erscheinen in Michelangelo Antonionis Gruppenbild mit Damen als vom Leben lädierte Randfiguren: großmäulig, spätpubertär, verunsichert. Einzig der Bauleiter Carlo ruht souverän in sich und seiner proletarischen Abkunft, doch Clelia, selbst Aufsteigerin aus kleinsten Verhältnissen, sieht keine Möglichkeit für eine gemeinsame Zukunft mit ihm. Antonioni erkundet (basierend auf dem Roman »Tra donne sole« von Cesare Pavese) eine exklusive Welt der Langeweile, der Illusionen, der Nutzlosigkeit, eine Welt, in der viel geredet und wenig gesagt wird, eine Welt, die so etwas wie Erfüllung nur den Eremit(inn)en der Arbeit bietet. Mithin erzählt »Le amiche« auch die Geschichte eines Abschieds: von Nähe, von Vertrauen, von Liebe.
R Michelangelo Antonioni B Michelangelo Antonioni, Suso Cecchi D’Amico, Alba De Cespedes V Cesare Pavese K Gianni Di Venanzo M Giovanni Fusco A Gianni Polidori S Eraldo Da Roma P Giovanni Addessi D Eleonora Rossi Drago, Valentina Cortese, Yvonne Furneaux, Ettore Manni, Gabriele Ferzetti, Franco Fabrizi | I | 104 min | 1:1,37 | sw | 6. September 1955
# 1189 | 11. Januar 2020
Die Geschichte einer Rückkehr: Clelia (Eleonora Rossi Drago), leitende Mitarbeiterin eines römischen Modehauses, kommt nach vielen Jahren der Abwesenheit in ihre Heimat(?)stadt Turin, um eine Dependance des eleganten Couture-Salons zu etablieren. Ebenso geradewegs wie zufällig wird sie in die Amüsements und Rivalitäten, die Affären und Kabale eines bohèmistisch-bourgeoisen Freundinnen(?)kreises verstrickt: da sind eine zynische Salonlöwin (Yvonne Furnaux) und ein sorgloses Flittchen (Anna Maria Pancani), eine schmerzensmütterliche Künstlerin (Valentina Cortese) und eine niedergeschlagene höhere Tochter (Madeleine Fischer). Die Männer erscheinen in Michelangelo Antonionis Gruppenbild mit Damen als vom Leben lädierte Randfiguren: großmäulig, spätpubertär, verunsichert. Einzig der Bauleiter Carlo ruht souverän in sich und seiner proletarischen Abkunft, doch Clelia, selbst Aufsteigerin aus kleinsten Verhältnissen, sieht keine Möglichkeit für eine gemeinsame Zukunft mit ihm. Antonioni erkundet (basierend auf dem Roman »Tra donne sole« von Cesare Pavese) eine exklusive Welt der Langeweile, der Illusionen, der Nutzlosigkeit, eine Welt, in der viel geredet und wenig gesagt wird, eine Welt, die so etwas wie Erfüllung nur den Eremit(inn)en der Arbeit bietet. Mithin erzählt »Le amiche« auch die Geschichte eines Abschieds: von Nähe, von Vertrauen, von Liebe.
R Michelangelo Antonioni B Michelangelo Antonioni, Suso Cecchi D’Amico, Alba De Cespedes V Cesare Pavese K Gianni Di Venanzo M Giovanni Fusco A Gianni Polidori S Eraldo Da Roma P Giovanni Addessi D Eleonora Rossi Drago, Valentina Cortese, Yvonne Furneaux, Ettore Manni, Gabriele Ferzetti, Franco Fabrizi | I | 104 min | 1:1,37 | sw | 6. September 1955
# 1189 | 11. Januar 2020
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Turin
18.1.51
Die Sünderin (Willi Forst, 1951)
»Auch ich kam ja aus einer guten Familie.« Hildegard Knef als Nutte mit Herz, die – einst vom geilen Stiefbruder auf die schiefe Bahn getrieben – paradoxerweise anständig (und auf ihre Art moralisch) wird, indem sie ihren sterbenskranken Geliebten (Gustav Fröhlich als aufbrausender Kunstmaler) per Veronal von seinem unheilbaren Leiden erlöst und ihm sodann freiwillig in den Tod folgt. Mondäne Nachtbars und verwunschene Gärten, hedonistische Resignation und fromme Hoffnung, Lichtgötter und Todesengel – Willi Forst inszeniert ein süffiges Schicksalsmelodram ohne Hemmung vor schrägem Pathos, plakativer Kolportage und wunderbarer Zufallsdramaturgie, läßt die Handlung virtous durch Zeiten und Orte springen, vor und zurück durch Krieg und Nachkrieg, von Danzig nach Hamburg nach München nach Venedig nach Positano nach Wien. Ein exzessiver Off-Kommentar – von der Knef als rückhaltlose Offenbarung mit einer Stimme gesprochen, die verrät, daß ihre junge Besitzerin schon viel erlebt hat – verdoppelt gleichsam die oft stummfilmhaft arrangierten Bilder (Kamera: Václav Vich) von den Stationen eines kurvenreiches Lebensweges, der aus Öde und Leere, »über Trümmerhaufen, durch Schmutz und Unrat« ins himmlische Reich von Glück und Liebe führt. »Die Sünderin« – ein einzigartiges Meisterwerk des »Ultrarealismus«, ein erregendes Groschentraktat über Geben und Nehmen, über Sex und Gefühl, über coole Selbstbestimmung und restloses Verschenken – schäumt wie süßer Sekt aus einer Flasche, die zu heftig geschüttelt wurde, und steigt fiebrig benebelnd in den Kopf des Betrachters.
R Willi Forst B Gerhard Menzel, Willi Forst, Georg Marischka K Václav Vich M Theo Mackeben A Franz Schroedter S Max Brenner P Rolf Meyer D Hildegard Knef, Gustav Fröhlich, Robert Meyn, Änne Bruck, Jochen-Wolfgang Meyn | BRD | 87 min | 1:1,37 | sw | 18. Januar 1951
R Willi Forst B Gerhard Menzel, Willi Forst, Georg Marischka K Václav Vich M Theo Mackeben A Franz Schroedter S Max Brenner P Rolf Meyer D Hildegard Knef, Gustav Fröhlich, Robert Meyn, Änne Bruck, Jochen-Wolfgang Meyn | BRD | 87 min | 1:1,37 | sw | 18. Januar 1951
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