27.8.47

Kiss of Death (Henry Hathaway, 1947)

Der Todeskuß

Im Fokus steht ein »bad guy« mit dem Herz am rechten Fleck: Nachdem ihn seine Kumpels im Stich ließen, macht der tough-sensible Ganove Nick Bianco (!) (Victor Mature) einen Deal mit dem leutselig-kalkulierenden Staatsanwalt D’Angelo (!) (Brian Donlevy), der dem Familienvater gegen Preisgabe von Informationen und Aussage im Zeugenstand zur Freilassung auf Bewährung verhilft. Doch die Zukunft des Aussteigers (und seiner Liebsten) liegt im Schatten der Vergangenheit … »Kiss of Death« erzählt nicht ganz ohne Rührseligkeit von der Problematik, sich neu zu erfinden, schildert dabei präzise und nüchtern das rechtsstaatliche Geschacher mit der Wahrheit, das Straftäter und Ordnungshüter zu Komplizen macht und Nick desillusioniert feststellen läßt: »Your side of the fence ist almost as dirty as mine«. Die realen New Yorker Schauplätze, die Clubs und Straßen, die Mietskasernen und Geschäftshäuser, verleihen Henry Hathaways ungekünstelten Inszenierung authentischen Nachdruck, doch der Clou des Films ist der von Richard Widmark gespielte psychopathische Killer Tommy Udo: Sein dämonisch-irres Kichern klingt lange nach – es scheint, als verhöhne dieses Lachen nicht nur den Wunsch nach Normalität, sondern als bestreite es ganz generell die Möglichkeit, in Ruhe und Frieden leben zu können.

R Henry Hathaway B Ben Hecht, Charles Lederer V Eleazar Lipsky K Norbert Brodine M David Buttolph A Leland Fuller, Lyle Wheeler S J. Watson Webb Jr. P Fred Kohlmar D Victore Mature, Brian Donlevy, Coleen Gray, Richard Widmark, Karl Malden | USA | 98 min | 1:1,37 | sw | 27. August 1947

15.8.47

Desert Fury (Lewis Allen, 1947)

Desert Fury – Liebe gewinnt

Ein reizvoller Genrebastard: thrillereske Noir-Melodramatik in wüst-verlorenem Westernsetting und leuchtendem Technicolor. Der artifizielle Studiolook (der zeitweilig die traumhaft-synthetische Präzision von Douglas-Sirk-Welten zu antizipieren scheint) paßt zur klar erkennbaren Geometrie von Figurenkonstellation und Erzählstruktur: Da sind zwei Frauen, Mutter und Tochter – die wohlhabende Besitzerin eines Kleinstadt-Casinos (herb: Mary Astor) wünscht sich für ihr einziges Kind (gefährdet: Lizabeth Scott) eine Zukunft jenseits der Crabs-Tische; da sind zwei crooks, ein heißkalter Spieler (John Hodiak) und sein eifersüchtiger Ausputzer (Wendell Corey) – zusammengeschweißt in latenter Aggression und falscher Hoffnung; und da ist der aufrecht-angeknackste Cop (Burt Lancaster) – Fels in der Brandung, fünftes Rad am Wagen; allesamt sind sie miteinander verbunden durch dunkle Vergangenheit, getrieben von der fatalen Präsenz einer Verstorbenen. Lewis Allen (Regie) und Robert Rossen (Drehbuch) beginnen »Desert Fury« bei hellem Tageslicht an der Stelle, wo jene Frau einst zu Tode kam, und führen in einer großen Kreisbewegung zurück an denselben Ort, wo sich in tiefblauer Nacht ein weiteres Schicksal erfüllt … Zwei »Unfälle«, dazwischen ein Gespinst von verdoppelter, gespiegelter, zerrissener Liebe.

R Lewis Allen B Robert Rossen V Ramona Stewart K Charles Lang, Edward Cronjager M Miklós Rózsa A Perry Ferguson S Warren Low P Hal B. Wallis D John Hodiak, Lizabeth Scott, Burt Lancaster, Mary Astor, Wendell Corey | USA | 96 min | 1:1,37 | f | 15. August 1947