21.6.68

Heißer Sommer (Joachim Hasler, 1968)

Während in Prag der Sozialismus sein menschliches Antlitz zeigt, fahren Stupsi, Kai und die anderen Zonenkinder zum kollektiven Ferienspaß lieber an die Ost(!)see. Dort singen und springen die Jungs und Mädchen so mopsfidel-arglos, so staatsbürgerlich-sittenfest umeinander, daß es ihrem daheimgebliebenen Onkel Walter in seinem rot tapezierten Politbüro eine wahre Freude sein dürfte. »Heißer Sommer« wäre als Versuch eines Defa-Musicals sicherlich noch um einiges gelungener, wenn die Regie nicht so abwesend, die Choreographien nicht so katatonisch, die Kamera nicht so unsportlich, die Dialoge nicht so flach, der Humor nicht so töricht, Chris Doerk nicht so doerk und Frank Schöbel nicht so schöbel wären. Immerhin steuern Vater und Sohn Natschinski eine Reihe von temperamentvollen Schlagern bei, die Schwung in jedes Feierabendheim bringen. PS: »Einmal muß ein Ende sein.«

R Joachim Hasler B Maurycy Janowski, Joachim Hasler K Joachim Hasler, Roland Dressel M Gerd Natschinski, Thomas Natschinski A Alfred Tolle S Anneliese Hinze-Sokolowa P Horst Dau D Chris Doerk, Frank Schöbel, Regine Albrecht, Hanns-Michael Schmidt, Marianne Wünscher | DDR | 97 min | 1:2,35 | f | 21. Juni 1968

19.6.68

The Thomas Crown Affair (Norman Jewison, 1968)

Thomas Crown ist nicht zu fassen

»Do you play?« – »Try me.« Was will einer, der schon alles hat? Er will mehr. Der Bostoner Geschäftsmann Thomas Crown (easygoing: Steve McQueen) hat Geld, Frauen, Autos. Er will Abenteuer, Spaß, Nervenkitzel. Aus Daffke organisiert Crown einen eleganten Banküberfall, den er von anonym angeworbenen Profis ausführen läßt. Der Coup glückt. Die Polizei findet weder Spuren der Täter noch Hinweise auf den Verbleib der Beute. Schließlich erhält die freischaffende Ermittlerin Vicki Anderson (cool: Faye Dunaway) von der Versicherung den Auftrag, das gestohlene Geld wiederzubeschaffen. Norman Jewison entwickelt aus dieser Paar-Konstellation ein stylisches Katz-und-Maus-Spiel, ein erotisch aufgeladenes Duell zwischen zwei cleveren Zockern, die sich allemal das Wasser (oder den Champagner) reichen können. Von Haskell Wexler glamourealistisch fotografiert, von Pablo Ferro immer wieder in kunstvoll gestaltete Split-Screen-Sequenzen zerlegt, von Michel Legrand mit einem jazzig-betörenden Soundtrack veredelt, bezieht die Heist-Romanze ihren Reiz weniger aus überraschenden Storywendungen als aus ihrer formalen Geschliffenheit und dem Magnetismus zwischen den beiden Protagonisten. »And the world is like an apple whirling silently in space / Like the circles that you find in the windmills of your mind.«

R Norman Jewison B Alan Trustman K Haskell Wexler M Michel Legrand A Robert Boyle S Hal Ashby P Norman Jewison D Steve McQueen, Faye Dunaway, Paul Burke, Jack Weston, Yaphet Kotto | USA | 102 min | 1:1,85 | f | 19. Juni 1968

# 1094 | 29. Januar 2018

12.6.68

Rosemary’s Baby (Roman Polanski, 1968)

Rosemaries Baby

»This is no dream. This is really happening.« Eine popmoderne Horrorstory vom Feind im eigenen Bett, ein sardonisches Wiegenlied von befleckter Empfängnis … Der zweitklassige Schauspieler Guy (John Cassavetes) und seine ergebene Ehefrau Rosemary (Mia Farrow) ziehen in ein Gebäude, das dunkle Geheimnisse birgt. Das haunted house steht in diesem Fall nicht in nebliger Moorlandschaft oder auf hoher Klippe über dem Meer, sondern mitten in der Stadt, in New York, an der belebten Ecke 72. Straße und Central Park West. Immerhin gleicht das urbane Gruselschloß einem ins Gigantische mutierten viktorianischen Herrenhaus, einer architektonischen Wucherung von Erkern und Türmen, Simsen und Giebeln, einem Labyrinth aus Kammern und Schränken, Fluren und Treppen. »Awful things happen in every apartment house.« Wie so oft bei Roman Polanski lauert das Grauen, die zerstörerische Energie, das ganz und gar Andere auch in seiner Adaption des Romans von Ira Lewin: in unmittelbarer Nähe, hinter der Wand zur Nachbarwohnung, im Lächeln eines vertrauten Menschen. »What the hell is that?« Ist es tatsächlich die Heimsuchung durch das radikal Böse? Oder ist es lediglich die paranoide Wahnvorstellung einer Schwangeren? Auf jeden Fall ist es eine mit traumwandlerischer Sicherheit inszenierte Grenzerfahrung in der Überganszone von Phantasmagorie und Realismus, von Sicherheit und Erschütterung, von Alltag und Wahn, von Schwarzer Messe schwarzem Humor. PS: »La-la-la-laa-la-la-la-la-la-la-la-lalaa.«

R Roman Polanski B Roman Polanski V Ira Levin K William Fraker M Christopher (=Krzysztof) Komeda A Richard Sylbert S Sam O’Steen P Willam Castle D Mia Farrow, John Cassavetes, Ruth Gordon, Sidney Blackmer, Ralph Bellamy | USA | 136 min | 1:1,85 | f | 12. Juni 1968

# 1015 | 9. August 2016