19.5.63

The Damned (Joseph Losey, 1963)

Sie sind verdammt

»When the time comes …« Joseph Losey goes Hammer. Das spröde Science-fiction-Drama (in schwarzweißem ›Hammerscope‹) beginnt ungemütlich in scheinbar heiterer südenglischer Ferienatmosphäre: Ein amerikanischer Tourist gabelt ein Mädchen auf, das ihn in einen Hinterhalt der Rockergang ihres latent inzestuösen Bruders lockt. Übel zugerichtet muß sich das Opfer von einem soignierten Herrn darüber aufklären lassen, daß auch Merry England im Zeitalter der sinnlosen Gewalt angekommen sei. Bei der nächsten Begegnung der Männer erweist sich der beredte Gentleman als genial-kaltblütiger Wissenschaftler, der in einer geheimen unterirdischen Forschungsstätte das Überleben der Menschheit nach einem Atomkrieg vorbereitet. Thinking about the unthinkable! Ein knappes Dutzend radioaktiv mutierter Kinder wird darauf eingestimmt, die strahlenden Trümmer unserer Zivilisation zu erben: »Life has the power to change.« Am Ende sind sich der triebgesteuerte Bandenführer King (Oliver Reed), der nur, indem er zerstört, so etwas wie Lust erleben kann, und der von seiner Mission besessene Gelehrte Bernard (Alexander Knox), der auch vor der Liquidierung seiner Geliebten Freya (Viveca Lindfors), einer prä-apokalyptischen Künstlerin, nicht zurückschreckt, erstaunlich ähnlich: Sie sind zwei Seiten einer Medaille, verkörpern zwei Spielarten von Nötigung, von Verrohung, von Angst im Angesicht einer kommenden Katastrophe. PS: »Black leather, black leather! / Kill, kill, kill!«

R Joseph Losey B Evan Jones V H. L. Lawrence K Arthur Grant M James Bernard A Bernard Robinson S Reginald Mills P Anthony Hinds D Macdonald Carey, Shirley Ann Field, Viveca Lindfors, Alexander Knox, Oliver Reed | UK | 105 min | 1:2,35 | sw | 19. Mai 1963

8.5.63

Die endlose Nacht (Will Tremper, 1963)

Der unprätentiösere Arbeitstitel des Films lautete »Nebel über Tempelhof« und beschreibt die Ausgangssituation des episodenhaften Geschehens: Wegen schlechten Wetters werden sämtliche Flüge von und nach (West-)Berlin gestrichen – Reisende hängen am Flughafen fest, erwartete Gäste bleiben aus. Will Tremper, rasender Klatschreporter (»Deutschland deine Sternchen«) und Drehbuchautor am Puls der Zeit (»Die Halbstarken«), beobachtet in seiner zweiten Regiearbeit bald boulevardesk, bald lakonisch, immer aber atmosphärisch genau: einen Pleitier (Harald Leipnitz), der auf die Ankunft eines potentiellen Geldgebers brennt (und zu dessen Beglückung seine Freundin (Karin Hübner) in Stellung bringt), einen alten Schauspieler, der den seit Jahren herbeigesehnten König-Lear-Auftritt verpassen wird, einen Farmer (Bruce »Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand« Low), der ein wildfremdes Mädchen (atemberaubend schön: Alexandra Stewart) dazu überreden möchte, mit ihm nach Afrika zu gehen, ein abgebranntes Starlet (keß-melancholisch: Hannelore Elsner), das hände- und körperringend Anschluß sucht, zwei Düsseldorfer Geschäftsleute, die für ein paar Stunden in ihrer alten Berliner Heimat stranden. »Die endlose Nacht«, stimmungsvoll fotografiert in schwarzweißem Ultrascope, hat weder Anliegen noch Botschaft, schaut einfach nur neugierig hin, nimmt sich Zeit und dabei nicht besonders ernst, zeigt flüchtige Momente, Ausschnitte aus dem Leben.

R Will Tremper B Will Tremper K Hans Jura M Peter Thomas S Susanne Paschen P Hans Eckelkamp, Wenzel Lüdecke, Will Tremper D Karin Hübner, Harald Leipnitz, Paul Esser, Werner Peters, Hannelore Elsner | BRD | 86 min | 1:2,35 | sw | 8. Mai 1963