Nickelodeon
»We’re going to make pictures.« Eine sepiagetönte Vergnügungsreise in die Jugendzeit des Kinos: Leo Harrigan (Ryan O’Neal), als Anwalt keine große Leuchte, heuert im Jahre 1910 als Autor und Regisseur (»Any jerk can direct.«) bei einem unabhängigen Produzenten an, der mehr oder weniger erfolgreich gegen Edisons übermächtigen Patent-Trust anfilmt … Peter Bogdanovich erzählt Leos wechselvolle Karriere sowie die rasante Entwicklung vom frühen Einakter-Kintopp bis zum Anbruch einer Epoche von kinematographischen Großereignissen à la »The Birth of a Nation« als launig-nostalgische Slapstick-Komödie voll handfester Romantik und possenhafter Abenteuer: Die musikalische Klavier-(und Mundharmonika-)Untermalung erinnert an beschwingte Stummfilmbegleitung; der bunt zusammengewürfelte Haufen der Filmschaffenden (darunter Burt Reynolds, Tatum O’Neal und John Ritter) gleicht eher fröhlichem Zirkusvolk als cineastischen Fachleuten (»Who wants to be respactable anyway?«); Hauptdarsteller O’Neal, ausgestattet mit Hut und runder Brille, wirkt wie ein Wiedergänger von Harold Lloyd. »A pratfall is better than anything«, wußte Preston Sturges, und Bogdanovich hält sich, vielleicht allzu strikt, an die Empfehlung des legendären Komödiengenies. Doch bei aller klamottigen Schablonenhaftigkeit stolpert »Nickelodeon« immer wieder in Situationen von burlesker Poesie, so etwa wenn ein umherirrender Heißluftballon, von der Kamera wild verfolgt, zufällig auf dem Dach eines Eisenbahnwaggons landet und das Luftschifferpaar, vom begeisterten Regisseur angefeuert, in eine zärtliche Umarmung sinkt: »Perfect! Hold it a little longer. Slow iris to black. And cease. Cut. That’s it.«
R Peter Bogdanovich B Peter Bogdanovich, W. D. Richter K Laszlo Kovacs M Richard Hazard A Richard Berger S William Carruth P Robert Cartoff, Irwin Winkler D Ryan O’Neal, Burt Reynolds, Tatum O’Neal, Brian Keith, Stella Stevens, John Ritter | USA & UK | 121 min | 1:1,85 | f | 21. Dezember 1976
# 969 | 8. September 2015
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21.12.76
9.5.73
Paper Moon (Peter Bogdanovich, 1973)
Paper Moon
»Just around the corner, / there’s a rainbow in the sky.« Mitte der 1930er Jahre im Mittleren Westen der USA. Moses Pray (Ryan O’Neal), der sich mit Bauernfängereien durchs Leben schummelt, willigt notgedrungen ein, Addie Loggings (Tatum O’Neal), die neunjährige Tochter einer verstorbenen Exgeliebten, von Kansas nach Missouri zu chauffieren, wo das Waisenmädchen bei einer Tante unterkommen soll. Auf der Fahrt durch flache, baumlose, unabsehbar weite Landschaften kommen der etwas unterbelichtete Schwindler und die ausgebuffte Göre sich langsam näher und miteinander ins Geschäft: Nicht nur eine gewisse Familienähnlichkeit (»the same jaw«) verbindet die beiden sondern vor allem der feste Wille, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. »Paper Moon«, eine wirkungsvolle Mischung aus road movie, buddy film und sentimentaler Komödie, sympathisiert uneingeschränkt mit den Protagonisten, die ihren ganz persönlichen New Deal ins Werk setzen. Peter Bogdanovich verzichtet, wie schon in »The Last Picture Show«, tunlichst auf kommentierende Filmmusik, evoziert das Zeitgefühl durch den sparsamen Einsatz von populären Songs der Ära. Laszlo Kovacs’ beeindruckende tiefenscharf-kontrastreiche Schwarzweiß-Fotografie verweist auf die Arbeit des genialen Kameramanns Gregg Toland (der für John Ford das Depressionsdrama »The Grapes of Wrath« drehte) wie auch auf den schnörkellosen Dokumentarismus von Walker Evans oder Dorothea Lange, deren Bilder Not und Elend der Krisenzeit einprägsam festhielten. Freilich ist es Bogdanovich weniger um sozialkritischen Realismus zu tun als um eine bald zärtlich-distanzierte, bald ironisch-überspitzte Betrachtung der Schattenseiten des American way of life, die nicht ganz frei bleibt von nostalgischer Stimmungsmalerei: »Be like two fried eggs, / Keep your sunny side up!«
R Peter Bogdanovich B Alvin Sargent V Joe David Brown K Laszlo Kovacs M diverse A Polly Platt S Verna Fields P Peter Bogdanovich D Ryan O’Neal, Tatum O’Neal, Madeline Kahn, John Hillerman, P. J. Johnson | USA | 102 min | 1:1,85 | sw | 9. Mai 1973
# 963 | 10. Juli 2015
»Just around the corner, / there’s a rainbow in the sky.« Mitte der 1930er Jahre im Mittleren Westen der USA. Moses Pray (Ryan O’Neal), der sich mit Bauernfängereien durchs Leben schummelt, willigt notgedrungen ein, Addie Loggings (Tatum O’Neal), die neunjährige Tochter einer verstorbenen Exgeliebten, von Kansas nach Missouri zu chauffieren, wo das Waisenmädchen bei einer Tante unterkommen soll. Auf der Fahrt durch flache, baumlose, unabsehbar weite Landschaften kommen der etwas unterbelichtete Schwindler und die ausgebuffte Göre sich langsam näher und miteinander ins Geschäft: Nicht nur eine gewisse Familienähnlichkeit (»the same jaw«) verbindet die beiden sondern vor allem der feste Wille, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. »Paper Moon«, eine wirkungsvolle Mischung aus road movie, buddy film und sentimentaler Komödie, sympathisiert uneingeschränkt mit den Protagonisten, die ihren ganz persönlichen New Deal ins Werk setzen. Peter Bogdanovich verzichtet, wie schon in »The Last Picture Show«, tunlichst auf kommentierende Filmmusik, evoziert das Zeitgefühl durch den sparsamen Einsatz von populären Songs der Ära. Laszlo Kovacs’ beeindruckende tiefenscharf-kontrastreiche Schwarzweiß-Fotografie verweist auf die Arbeit des genialen Kameramanns Gregg Toland (der für John Ford das Depressionsdrama »The Grapes of Wrath« drehte) wie auch auf den schnörkellosen Dokumentarismus von Walker Evans oder Dorothea Lange, deren Bilder Not und Elend der Krisenzeit einprägsam festhielten. Freilich ist es Bogdanovich weniger um sozialkritischen Realismus zu tun als um eine bald zärtlich-distanzierte, bald ironisch-überspitzte Betrachtung der Schattenseiten des American way of life, die nicht ganz frei bleibt von nostalgischer Stimmungsmalerei: »Be like two fried eggs, / Keep your sunny side up!«
R Peter Bogdanovich B Alvin Sargent V Joe David Brown K Laszlo Kovacs M diverse A Polly Platt S Verna Fields P Peter Bogdanovich D Ryan O’Neal, Tatum O’Neal, Madeline Kahn, John Hillerman, P. J. Johnson | USA | 102 min | 1:1,85 | sw | 9. Mai 1973
# 963 | 10. Juli 2015
22.4.42
Saboteur (Alfred Hitchcock, 1942)
Saboteure
In Kalifornien geht eine Flugzeugfabrik in Flammen auf. Der Rüstungsarbeiter Barry Kane (Robert Cummings) wird (fälschlich) der Sabotage bezichtigt. Um seine Unschuld zu beweisen, geht der Tatverdächtige auf die Jagd nach dem wahren Schuldigen und den Drahtzieher(inne)n des Verbrechens, eine Jagd, die ihn – zunächst gezwungenermaßen, dann aus freien Stücken von einer blonden Plakatschönheit (Priscilla Lane) begleitet – von Küste zu Küste quer durch die Vereinigten Staaten bis nach New York auf die Fackel der Freiheitsstatue führt ... Alfred Hitchcocks Grundthema liefert (in der Tradition von »The 39 Steps«) den Anlaß eines einfallsreichen, dialogwitzigigen Flucht- und Verfolgungsthrillers voller bizarrer Situationen und schillernder Figuren: Kane gerät in eine behagliche Waldhütte und eine Geisterstadt im Mittelwesten, in einen Ballsaal, der zur Falle wird, und ein Kino, wo gleichzeitig auf der Leinwand und im Saal geschossen wird, unterwegs begegnet er einem sehenden Blinden und streitbarem Zirkusvolk, verschlagenen Geldsäcken und korrupten Ordnungshütern. Natürlich betreibt »Saboteur« als filmischer Kriegsbeitrag (höchst unterhaltsame) Propaganda – für Demokratie und Anteilnahme, gegen Totalitarismus und Machtgier –, doch indem Hitchcock allseits geschätzte (Groß-)Bürger als gewissenlose Strippenzieher der fünften Kolonne enttarnt, sät er bleibende Zweifel an der freiheitlichen Verfaßtheit der amerikanischen Gesellschaft.
R Alfred Hitchcock B Peter Viertel, Joan Harrison, Dorothy Parker K Joseph Valentine M Frank Skinner A Jack Otterson S Otto Ludwig P Frank Lloyd D Robert Cummings, Priscilla Lane, Otto Kruger, Norman Lloyd, Alma Kruger | USA | 108 min | 1:1,37 | sw | 22. April 1942
# 1042 | 9. Januar 2017
In Kalifornien geht eine Flugzeugfabrik in Flammen auf. Der Rüstungsarbeiter Barry Kane (Robert Cummings) wird (fälschlich) der Sabotage bezichtigt. Um seine Unschuld zu beweisen, geht der Tatverdächtige auf die Jagd nach dem wahren Schuldigen und den Drahtzieher(inne)n des Verbrechens, eine Jagd, die ihn – zunächst gezwungenermaßen, dann aus freien Stücken von einer blonden Plakatschönheit (Priscilla Lane) begleitet – von Küste zu Küste quer durch die Vereinigten Staaten bis nach New York auf die Fackel der Freiheitsstatue führt ... Alfred Hitchcocks Grundthema liefert (in der Tradition von »The 39 Steps«) den Anlaß eines einfallsreichen, dialogwitzigigen Flucht- und Verfolgungsthrillers voller bizarrer Situationen und schillernder Figuren: Kane gerät in eine behagliche Waldhütte und eine Geisterstadt im Mittelwesten, in einen Ballsaal, der zur Falle wird, und ein Kino, wo gleichzeitig auf der Leinwand und im Saal geschossen wird, unterwegs begegnet er einem sehenden Blinden und streitbarem Zirkusvolk, verschlagenen Geldsäcken und korrupten Ordnungshütern. Natürlich betreibt »Saboteur« als filmischer Kriegsbeitrag (höchst unterhaltsame) Propaganda – für Demokratie und Anteilnahme, gegen Totalitarismus und Machtgier –, doch indem Hitchcock allseits geschätzte (Groß-)Bürger als gewissenlose Strippenzieher der fünften Kolonne enttarnt, sät er bleibende Zweifel an der freiheitlichen Verfaßtheit der amerikanischen Gesellschaft.
R Alfred Hitchcock B Peter Viertel, Joan Harrison, Dorothy Parker K Joseph Valentine M Frank Skinner A Jack Otterson S Otto Ludwig P Frank Lloyd D Robert Cummings, Priscilla Lane, Otto Kruger, Norman Lloyd, Alma Kruger | USA | 108 min | 1:1,37 | sw | 22. April 1942
# 1042 | 9. Januar 2017
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