Cartouche, der Bandit
»Vivre vite et heureux!« Die Aktivitäten des ausgebufften Langfingers Dominique (Hansdampf in allen Gassen: Jean-Paul Belmondo), der sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts unter dem Namen Cartouche zum Anführer der Pariser Unterwelt aufschwingt, lassen eine Vorahnung der großen Revolution aufscheinen. Cartouche, der mit seiner bunten Truppe – darunter die treuen Hauptleute La Douceur (bärig: Jess Hahn) und La Taupe (pfiffig: Jean Rochefort) sowie die schöne Diebin Vénus (Claudia Cardinale) – von den Reichen nimmt, während er die Armen verschont, geht es freilich weniger um gesellschaftliche denn um finanzielle Partizipation, vor allem aber um die Unterminierung von Herrschaftssystemen, egal ob es sich um die raffgierige Despotie des Bandenchefs Malichot oder um das sadistische Regime des Polizeipräfekten de Ferrussac handelt. Nachdem er in der ersten Hälfte des Films die galanten Unverschämtheiten des anarchistischen Rebellen mit viel Lust an akrobatischer Körperkomik und ironischen Sottisen gegen jede Form von Obrigkeit ausgemalt hat, wechselt Philippe de Broca fast unmerklich die Tonlage der Erzählung: In zunehmender Verdüsterung wandelt sich das flotte Mantel-und-Degen-Stück zur melancholischen Romanze in Moll (in die auch die ätherische Madame de Ferrussac verwickelt ist). Nach einer bitteren Schlußwendung geht der Held nicht nur seiner großen Liebe verlustig, er muß auch die Unmöglichkeit einer spielerischen Systemveränderung erkennen. Vor ihm und seinen Getreuen liegen kalte Nächte und ein vorhersehbares Ende: »Dans les mains du bourreau.« – »Oui, et que ça aille vite.«
R Philippe de Broca B Daniel Boulanger, Philippe de Broca, Charles Spaak K Christian Matras M Georges Delerue A François de Lamothe S Laurence Méry-Clark P Alexandre Mnouchkine, Georges Dancigers D Jean-Paul Belmondo, Claudia Cardinale, Jean Rochefort, Jess Hahn, Odile Versois, Marcel Dalio, Noël Roquevert | F & I | 114 min | 1:2,35 | f | 7. März 1962
# 1005 | 16. Mai 2016
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