Die Macht und ihr Preis
»Die Wahrheit zu sagen ist revolutionär.« (Antonio Gramsci, italienischer Marxist) … »Was ist Wahrheit?« (Pontius Pilatus, römischer Präfekt) … In verschiedenen Städten im Süden des Landes sterben Richter und Staatsanwälte wie die Fliegen – zielsicher abgeschossen von einem unbekannten Killer. Ist der Täter ein Psychopath? Ein Chaot? Ein Extremist? Kommissar Rogas (Lino Ventura), stoisch-integrer Kriminalist aus der Hauptstadt, entdeckt einen möglichen Zusammenhang zwischen den erlauchten Leichnamen: Rächt sich das Opfer eines Justizirrtums an denjenigen, die ihn einst zu Unrecht verurteilten? Klarheit ist in diesem Fall nicht zu gewinnen: Je tiefer Rogas in die Ermittlung eintaucht, desto unübersichtlicher werden die Hintergründe, desto verschlungener erscheinen die Beziehungen der Betroffenen und Beteiligten – bis sich hinter der Mordserie das schwarze Loch einer allumfassenden Verschwörung auftut: In altehrwürdigen Palästen wird der Staatsstreich vorbereitet. Die unheimliche Macht, die im Namen von Sicherheit und Ordnung an die Grundfesten von Sicherheit und Ordnung rührt, bleibt wesenlos, ungreifbar, schattenhaft; Politiker und Militärs sind am Komplott ebenso beteiligt wie Geheimdienstler und Wirtschaftbosse. Die Kriminalerzählung wandelt sich peu à peu in die intensive Beschreibung einer Landschaft der Angst; am abgründigsten ist Francesco Rosis morbider Paranoia-Thriller da, wo er, statt eine erklärende Auflösung zu bieten, die politischen Gegner der konspirativen Dunkelmänner mit bitterernster Ironie als Mitglieder des Kartells demaskiert. Auch die linke Opposition ist Teil und Stütze eines geschlossenen, ausweglosen Systems: »La verità non è sempre rivoluzionaria«, subsumiert der kommunistische Parteifunktionär – die Wahrheit ist nicht immer revolutionär. PS: »Cadaveri eccellenti« endet mit folgender Schrifttafel: »I fatti e i personaggi di questo film non hanno riferimento con fatti e persone reali.« 1981 werden italienische Untersuchungsbehörden die Aktivitäten der Geheimorganisation »Propaganda Due« (»P2«) enthüllen, deren tatsächliche Subversionstätigkeit zur Vorbereitung eines Umsturzes der von Rosi ausgemalten fiktiven Intrige auf verblüffende Weise ähnelte.
R Francesco Rosi B Francesco Rosi, Tonino Guerra, Lino Iannuzzi V Leonardo Schiaschia K Pasqualino De Santis M Piero Piccioni A Andrea Crisanti S Ruggero Mastroianni P Alberto Grimaldi D Lino Ventura, Alain Cuny, Max von Sydow, Fernando Rey, Charles Vanel | I & F | 120 min | 1:1,85 | f | 12. Februar 1976
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