Georges Randal (Jean-Paul Belmondo) ist ein Dieb. Er nimmt keine großen Rücksichten, wenn er auf Beutezug geht: »Je fais un sale métier, mais j’ai une excuse. Je le fait salement.« Nach dem Tod der Eltern von seinem habsüchtig-philiströsen Onkel ums Erbe und, schlimmer noch, um die Liebe zur entzückenden Cousine Charlotte (Geneviève Bujold) gebracht, entdeckt Georges seine kriminelle Berufung – und die Lust, die Autonomie, die nackte Wahrheit, die sie ihm bringt. Louis Malle erzählt den pikaresken Belle-Époque-Roman ganz aus der Perspektive der Hauptfigur, verzichtet dabei auf die emotionalisierende Beigabe von Musik, senkt die äußere Dramatik auf ein beinahe bressonsches Minimum, meidet jede Form von Robin-Hood-Romantik: Georges stiehlt nicht, um die sozialen Verhältnisse zu verändern, er stiehlt, weil er lebt, wenn er stiehlt. Seine Arbeit erledigt er diszipliniert, planvoll, zielstrebig, mit elementarer Begierde nach fremdem Geld und Gut, mit lässiger Verachtung für das Eigentum an sich. Der Dieb ein Anarchist? Eher ein radikaler Individualist – aber auch ein Schatten des Bourgeois. Tragische Ironie: Die Gesellschaft der Diebe erscheint als seitenverkehrtes Ebenbild der bürgerlichen Welt. Oder wie es Georges’ Lehrmeister, der weltkluge Abbé La Margelle (Julien Guiomar), poetisch ausdrückt: »Le voleur est le clair de lune de l’honnête homme.«
R Louis Malle B Jean-Claude Carrière, Louis Malle, Daniel Boulanger V Georges Darien K Henri Decaë A Jacques Saulnier S Henri Lanoë P Hubert Mérial D Jean-Paul Belmondo, Geneviève Bujold, Jean Guimoar, Marie Dubois, Paul Le Person | F & I | 120 min | 1:1,66 | f | 22. Februar 1967
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