»Er war einer von uns.« Kurzweilig-systemkonformer Schelmenroman querfeldein durch die Geschichte der DDR: Anton Grubke (Ulrich Thein), begeisterter Autoschrauber, gewinnender Charmeur und fassungsvermögender Biertrinker, unterstützt auf seine (recht eigennützige Weise) den Aufbau des sozialistischen Vaterlandes – nicht der Mensch, das Geld steht (zunächst) im Mittelpunkt seiner privaten Planwirtschaft. Durch eine Haftstrafe auf den rechten (= linken) Weg gebracht, wird der begnadete Selbsthelfer zum revolutionären Zauberer des Glücks für alle, das heißt (in der Logik der (ideologischen) Erzählung): auch für sich persönlich. Wo der Jäger von Ersatzteilen zuvor nur den eigenen Vorteil (= das eigene Konto) im Auge hatte, nutzt er nach der (Selbst-)Erweckung sein Talent zur Verwandlung von Alt in Neu nur mehr im Sinne (= zum Wohle) des großen Ganzen. Günter Reischs Film kapituliert bei allem kritischen Anspruch letzten Endes vor der eigenen, allumfassenden Nettigkeit, die jeden satirischen Funken im Keim erstickt; zudem triumphiert die parteiliche Didaktik über die historische Atmosphärenmalerei: die 40er, die 50er, die 60er – alle Jahrzehnte sehen aus wie die 70er.
R Günter Reisch B Karl Georg Egel, Günter Reisch K Günter Haubold M Wolfram Heicking A Hans-Jörg Mirr S Bärbel Weigel P Manfred Renger D Ulrich Thein, Anna Dymna, Erwin Geschonneck, Barbara Dittus, Erik S. Klein | DDR | 106 min | 1:2,35 | f | 22. September 1978
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22.9.78
13.1.72
Trotz alledem! (Günter Reisch, 1972)
Während seine revisionistischen Ex-Genossen Ebert (Knebelbart), Scheidemann (Halbglatze) und Noske (Zwicker) vor dem verfaulten Gestern (= dem bourgeoisen Kapital und seinen fuchskragenbesetzten militärischen Schergen) zu Kreuze kriechen, ist der Blick des zuverlässigen Karl Liebknecht unbeirrt auf die rote Zukunft gerichtet, auf jene Zeit, da Klarheit und Wahrheit gesiegt haben werden. Von den diesbezüglichen revolutionären Kämpfen der Jahreswende 1918/1919 zur »geistigen und materiellen Erlösung der darbenden Massen« berichtet Günter Reischs zweites Liebknecht-Epos »Trotz alledem!« – der todgeweihte Held, den die Erzählung zum deutschen Lenin hochzustilisieren sich müht, agiert wiederum in erster Linie als Redner, schwärmt von »Feuer und Geist, Seele und Herz, Wille und Tat«. Manchmal wendet sich die Kamera (Jürgen Brauer) vom Vortragenden ab und der Hörerschaft zu – dann findet sie überraschend starke Bilder: mitreißende Massenchoreographien, aber auch intime, hintergründige Arrangements. PS: Der gesellschaftliche Umsturz bleibt letztlich aus, doch merke: »Wir werden geschlagen, aber wir sind nicht besiegt. Das ist nicht der letzte Kampf.«
R Günter Reisch B Michael Tschesno-Hell, Günter Karl K Jürgen Brauer M Ernst Hermann Meyer A Dieter Adam, Georg Kranz S Monika Schindler P Manfred Renger D Horst Schulze, Albert Hetterle, Erika Dunkelmann, Jutta Hoffmann, Ludmilla Kasjanowa | DDR | 125 min | 1:2,35 | f | 13. Januar 1972
R Günter Reisch B Michael Tschesno-Hell, Günter Karl K Jürgen Brauer M Ernst Hermann Meyer A Dieter Adam, Georg Kranz S Monika Schindler P Manfred Renger D Horst Schulze, Albert Hetterle, Erika Dunkelmann, Jutta Hoffmann, Ludmilla Kasjanowa | DDR | 125 min | 1:2,35 | f | 13. Januar 1972
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Tschesno-Hell
9.9.65
Solange Leben in mir ist (Günter Reisch, 1965)
»Ein Held? Das ist ein Sozialist der Tat!« Gemessen an seiner eigenen Definition ist der Karl Liebknecht des Films (weniger verkörpert denn verstimmlicht von Horst Schulze) kein Held. Liebknecht ist ein Sozialist des Wortes. Er redet und redet und redet: Er hält Reden im Reichstag und im Kaffeehaus, in seinem Wohnzimmer und in freier Natur, im Schützengraben und vor Gericht; er richtet Adressen an seine geliebte Frau und an befreundete Proletarier, er referiert vor wutschnaubenden Gegnern und enthusiastischen Genossen, und noch zu seiner zehnjährigen Tochter spricht er wie zur Nachwelt. »Solange Leben in mir ist«, der – aus streng parteilicher Sicht – die Biographie des aufrechten, friedensliebenden Revolutionärs vom Sommer 1914 (seinem einsamen »Nein!« zu den Kriegskrediten) bis zum Sommer 1916 (seiner Verurteilung wegen »Nieder mit dem Krieg! Nieder mit der Regierung!« = Hochverrat) in perfekt austarierten, wie aus grauem Stein geschlagenen Breitwandbildern nachzeichnet, könnte ebensogut den Titel »Solange Stimme in mir ist« tragen.
R Günter Reisch B Michael Tschesno-Hell, Günter Reisch, Hermann Herlinghaus K Horst E. Brandt M Ernst Hermann Meyer A Willy Schiller, Dieter Adam S Bärbel Weigel P Gerd Golde D Horst Schulze, Albert Hetterle, Erika Dunkelmann, Jutta Hoffmann, Ludmilla Kasjanowa | DDR | 114 min | 1:2,35 | sw | 9. September 1965
R Günter Reisch B Michael Tschesno-Hell, Günter Reisch, Hermann Herlinghaus K Horst E. Brandt M Ernst Hermann Meyer A Willy Schiller, Dieter Adam S Bärbel Weigel P Gerd Golde D Horst Schulze, Albert Hetterle, Erika Dunkelmann, Jutta Hoffmann, Ludmilla Kasjanowa | DDR | 114 min | 1:2,35 | sw | 9. September 1965
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Reisch,
Tschesno-Hell
29.12.60
Silvesterpunsch (Günter Reisch, 1960)
»Wir singen euch das Lied vom Calciumcarbid: Die Welt wird schön wie nie. / Wir zaubern mit Chemie, / denn jetzt wird poly-polymerisiert …« Die Fortsetzung der frühlingshaften Defa-Chemie-Posse »Maibowle« spielt winterlich-verschneit (dabei strikt herzerwärmend) zum Jahreswechsel und muß dramaturgisch (neben dem begeisterten Ausblick aufs Plastikzeitalter) auch noch das sozialistische Programm zur massenhaften Leibesertüchtigung (»Jedermann an jedem Ort – einmal in der Woche Sport!«) angemessen verarbeiten. Im Mittelpunkt steht wiederum die archetypische Arbeiter-Familie Lehmann, deren Sprößlinge zwar leistungsmäßig überzeugen (111%ige Planerfüllung!), aber charakterlich entweder zu sportlich oder zu kulturell geraten sind – am Ende gelingt die Synthese der Extreme in Form einer kunterbunten, wissenschaftlich-technischen Eisrevue, die nur knapp am gehobenen Fortschrittssurrealismus des Queneau-/Resnaisschen Geniestreichs »Le chant du styrène« vorbeischrammt: »Die Mädchen tanzen jetzt Moleküle, vereinen sich dann zu Äthylen, aber alles entscheidend ist die Polymerisation.« Noch Fachfragen?
R Günter Reisch B Marianne Libera, Gerhard Weise K Karl Plintzner M Helmut Nier A Paul Lehmann S Hildegard Conrad P Hans Mahlich D Erich Franz, Friedel Nowack, Erika Dunkelmann, Christel Bodenstein, Ernst-Georg Schwill | DDR | 91 min | 1:1,37 | f | 29. Dezember 1960
R Günter Reisch B Marianne Libera, Gerhard Weise K Karl Plintzner M Helmut Nier A Paul Lehmann S Hildegard Conrad P Hans Mahlich D Erich Franz, Friedel Nowack, Erika Dunkelmann, Christel Bodenstein, Ernst-Georg Schwill | DDR | 91 min | 1:1,37 | f | 29. Dezember 1960
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(Real-)Sozialismus,
Arbeit,
Erzgebirge,
Familie,
Komödie,
Musik,
Reisch,
Sport,
Wintersport
26.2.60
Der schweigende Stern (Kurt Maetzig, 1960)
Das internationalistisch besetzte Raumschiff ›Kosmokrator‹ reist anno 1970 zur Venus, nachdem auf der Erde eine mysteriöse Botschaft des Nachbarplaneten gefunden wurde. Der Stern schweigt sich zwar hartnäckig aus, dafür reden die Protagonisten dieser reichlich zähen Defa-Utopie (unter ihnen Günther Simon als Pilot Brinkmann) um so mehr – vor allem über Fortschritt, Völkerverständigung und drohenden Atomtod. Wenn auch die (locker auf einem Frühwerk von Stanisław Lem basierende) Erzählung nicht gerade mitreißt und Kurt Maetzig einen großen politisch-moralischen Zeigefinger durchs Geschehen bohrt, so sorgen doch die in glühendes Agfacolor getauchten, von Surrealisten wie Tanguy, Dalí und Max Ernst inspirierten, venusischen Endzeit-Dekorationen für bizarre optische Aha-Effekte.
R Kurt Maetzig B Jan Fethke, Wolfgang Kohlhaase, Günter Reisch, Günther Rücker, Alexander Graf Stenbock-Fermor, Kurt Maetzig V Stanisław Lem K Joachim Hasler M Andrzej Markowski A Anatol Radzinowicz, Alfred Hirschmeier S Lena Neumann P Hans Mahlich, Edward Zajicek D Günther Simon, Yoko Tani, Oldrich Lukes, Ignacy Machhowski, Michail N. Postnikow | DDR & PL | 95 min | 1:2,35 | f | 26. Februar 1960
R Kurt Maetzig B Jan Fethke, Wolfgang Kohlhaase, Günter Reisch, Günther Rücker, Alexander Graf Stenbock-Fermor, Kurt Maetzig V Stanisław Lem K Joachim Hasler M Andrzej Markowski A Anatol Radzinowicz, Alfred Hirschmeier S Lena Neumann P Hans Mahlich, Edward Zajicek D Günther Simon, Yoko Tani, Oldrich Lukes, Ignacy Machhowski, Michail N. Postnikow | DDR & PL | 95 min | 1:2,35 | f | 26. Februar 1960
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Atom,
Günther Simon,
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Lem,
Maetzig,
Raumfahrt,
Reisch,
Rücker,
Science fiction,
Venus
5.10.59
Maibowle (Günter Reisch, 1959)
»Der junge Vater Mai ist ein Kollege. / Er kommt im hellen Hemd und roten Schlips.« Zum 10. Jahrestag der DDR (und zur Beflügelung des staatlichen Chemieprogramms) legt die Defa ein leicht angeschwipstes Lustspiel auf den Gabentisch der Republik: Der alte Herzenskommunist Meister Lehmann (knorrig: Erich Franz) wird zum 65. Geburtstag mit dem ›Banner der Arbeit‹ ausgezeichnet; seine vielen Kinder erfinden zunächst allerlei Ausreden, um dem Ehrenfest fernzubleiben, versammeln sich dann aber doch vor der Kulisse des fröhlich dampfenden Werks zum Anstoßen mit der traditionellen »Maibowle« … Der Schauplatz der musikalischen Klamotte, die sich redlich müht, einige Entartungen des sozialistischen Alltags aufzuspießern, heißt Grünefeld (ein Schelm, wer Böses (= Bitterfeld) dabei denkt); die Stimmung ist so gelöst wie beim vorgärtlichen Tischtennismatch zwischen Walter Ulbricht und seiner Lotte. PS: »Chemie gibt Brot, Wohlstand, Schönheit«, dichten die Planakrobaten – »… und Kunst!« möchte der neue (= rote) Mensch zukunftsfreudig ergänzen.
R Günter Reisch B Marianne Libera, Gerhard Weise K Otto Merz M Helmut Nier A Paul Lehmann S Hildegard Conrad P Hans Mahlich D Erich Franz, Albert Hetterle, Erika Dunkelmann, Christel Bodenstein, Ekkehard Schall | DDR | 94 min | 1:1,37 | f | 5. Oktober 1959
R Günter Reisch B Marianne Libera, Gerhard Weise K Otto Merz M Helmut Nier A Paul Lehmann S Hildegard Conrad P Hans Mahlich D Erich Franz, Albert Hetterle, Erika Dunkelmann, Christel Bodenstein, Ekkehard Schall | DDR | 94 min | 1:1,37 | f | 5. Oktober 1959
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