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5.3.80

Glück im Hinterhaus (Herrmann Zschoche, 1980)

Karl Erp (Dieter Mann), 40, Leiter einer Ostberliner Bücherei, Genosse, Ehemann, Familienvater, Bewohner eines Hauses mit Garten am Stadtrand – ein sozialistischer Arrivist, den die Erinnerung an hochfliegende Jugendträume und ehrgeizige Berufspläne nicht mehr erschüttern kann. Es ist die Liebe, die Erp aus der Bahn wirft, es ist die plötzlich aufflammende Leidenschaft für die ambitionierte Nachwuchsbibliothekarin Fräulein Broder (Ute Lubosch), die diesem Mann in den sogenannten besten Jahren die Mittelmäßigkeit seines geordneten Lebens an der Seite einer angepaßten Hausfrau (Jutta Wachowiak) schlagartig bewußt macht. Der romantische Reiz einfacher Verhältnisse (Hinterhof, Ofenheizung, Außenklo) verfliegt indes schnell, und auch die Ansprüche der jungen Frau (an Idealismus, Integrität, Initiative) setzen Erp unter unerwarteten Druck … Herrmann Zschoche inszeniert Ulrich Plenzdorfs lakonische Adaption des Romans »Buridans Esel« von Günter de Bruyn mit spröder Distanz zu den Figuren und ihren Haltungen – zwar fällt der eine oder andere mokante Seitenblick ins real-existierende Justemilieu und auf fortschrittlich tuenden Chauvinismus, doch gebricht es »Glück im Hinterhaus« an der nadelfeinen Ironie der Vorlage, in der sich die Chronik einer Midlife-Crisis zum kritisch-amüsanten Panorama postrevolutionärer Kleinbürgerlichkeit weitet.

R Herrmann Zschoche B Ulrich Plenzdorf V Günter de Bruyn K Günter Jaeuthe M Günther Fischer A Peter Wilde Ko Christiane Dorst S Monika Schindler P Rolf Martius D Dieter Mann, Ute Lubosch, Jutta Wachowiak, Käthe Reichel, Gerry Wolff | DDR | 97 min | 1:1,37 | f | 5. März 1980

29.3.73

Die Legende von Paul und Paula (Heiner Carow, 1973)

»Ideal und Wirklichkeit gehen nie übereinander. Ein Rest bleibt immer.« Das Ideal des Films ist die bedingungslose Liebe, seine Wirklichkeit ist der real-existierende Sozialismus. Während das Gestern Haus für Haus weggesprengt wird und aus dem Trümmerstaub eine schöne neue Plattenwelt ersteht, begegnen und verlieben sich die zweifache Mutter und Kaufhallenkraft Paula (aus dem Altbau: Angelica Domröse) und der verheiratete Nachwuchsfunktionär Paul (aus dem Neubau: Winfried Glatzeder). »Wir wollen folgendes machen«, sagt Paula, »wir lassen es dauern, solange es dauert. Wir machen nichts dagegen und nichts dafür.« Ihr radikaler Glücksanspruch steht zunächst gegen seinen aufstiegsorientierten Opportunismus, bis Paul erkennt, daß er als Teil des Systems nicht viel zu gewinnen hat, und so legt er sich in den Schatten seiner schönen Freundin … Das Drehbuch von Ulrich Plenzdorf verbindet gekonnt und wirkungsvoll scharfe Milieuzeichnung mit märchenhafter Darstellung, umgibt die graue Flüchtigkeit des Alltags mit dem Schein von Ewigkeit und (biblischem) Mythos: »Jegliches hat seine Zeit,
 / Steine sammeln, Steine zerstreun,
 / Bäume pflanzen, Bäume abhaun,
 / leben und sterben und Streit.« Heiner Carows kongeniale Regie verleiht der Ostberliner (genauer gesagt: Friedrichshainer) Liebesdichtung aus den frühen 1970er Jahren Gültigkeit weit über Zeit und Ort hinaus. »Die Legende von Paul und Paula« beschreibt den permanenten, überall bestehenden Konflikt zwischen Individualismus und Anpassung – und feiert dabei, ohne Rücksicht auf Verluste, das ganz große Gefühl: »Ihre Liebe war stark wie der Tod.«

R Heiner Carow B Ulrich Plenzdorf K Jürgen Brauer M Peter Gotthardt, Puhdys A Harry Leupold S Evelyn Carow P Erich Albrecht D Angelica Domröse, Winfried Glatzeder, Fred Delmare, Heidemarie Wenzel, Rolf Ludwig | DDR | 109 min | 1:1,66 | f | 29. März 1973

4.12.69

Weite Straßen – stille Liebe (Herrmann Zschoche, 1969)

Der gestandene Trucker Hannes (Manfred Krug) nimmt einen jungen Anhalter als Beifahrer mit auf den Bock seines W50. Herb (Jaecki Schwarz) behauptet, die Schule nach der sechsten Klasse verlassen und seither von diversen Gelegenheitsarbeiten gelebt zu haben; schnell wird allerdings klar, daß es sich bei dem eloquenten Burschen um einen Studenten handelt, dem es an der Uni zu wirklichkeitsfern zuging. Unterwegs loten der Grünschnabel und sein »Chef« immer wieder (spielerisch aber nicht unernst) die Grenzen von Erfahrung und Neugier aus, diskutieren über eingefahrene Routen und neue Wege. Eine Frau gesellt sich zu ihnen: Johanna (Jutta Hoffmann), eine selbstbestimmte Agronomin, die sich kurz zuvor vom Vater ihrer kleinen Tochter getrennt hat. Zu dritt (genau genommen: zu viert) geht es nun weiter, das Herumschnuppern, das Austesten von Möglichkeiten, die Träumerei von einer kleinen Freiheit auf den Straßen der Republik ... Herrmann Zschoches leichthändige Regie und der lyrische Dokumentarismus des Kameramanns Roland Gräf (der schon Jürgen Böttchers (vor der Fertigstellung verbotenes) Berliner Zeitbild »Jahrgang 45« fotografierte) machen das impressionistische DDR-Roadmovie zu einem Musterfall von lässig-genauer Alltagsbeschreibung.

R Herrmann Zschoche B Ulrich Plenzdorf V Hans-Georg Lietz K Roland Gräf M Peter Rabenalt A Alfred Thomalla S Rita Hiller P Erich Kühne D Manfred Krug, Jaecki Schwarz, Jutta Hoffmann, Ulrike Plenzdorf | DDR | 76 min | 1:2,35 | sw | 4. Dezember 1969

# 1010 | 2. August 2016

25.7.64

Mir nach, Canaillen! (Ralf Kirsten, 1964)

Die galanten Abenteuer und tollkühnen Streiche des Schafhirten Alexander (der sich den klingenden Nachnamen »von der grünen Weide« gibt) in hannöverschen, preußischen sowie sächsischen Landen des frühen 18. Jahrhunderts, über Wiesen und Straßen, in Kutschen und Betten, durch Ställe und Schlösser – bis in die Arme der hübschen Baronesse Ulrike. Manfred Krug gibt, mit auffallend lockigem Haarschopf, einen deutsch-demokratischen Verwandten von Fanfan und Cartouche, dessen agrarproletarischer Stolz ihn zum geborenen Widersacher militaristischen Geweses und feudalen Schranzentums bestimmt. Trotz manch flauer Witzchen und erzählerischer Umständlichkeiten entfaltet Ralf Kirstens flüssige Totalscope-Inszenierung oft genug echten Mantel-und-Degen-Schwung, und zahlreiche bewährte Defa-Schauspieler (u. a. Fred Düren, Herwart Grosse, Helga Göring) dürfen an der Seite des rustikal-charmanten Heldendarstellers Krug ihre Befähigung als Knattermimen unter Beweis stellen.

R Ralf Kirsten B Ralf Kirsten, Ulrich, Plenzdorf, Manfred Krug V Joachim Kupsch K Hans Heinrich M André Asriel A Hans Poppe, Jochen Keller S Christel Röhl P Werner Liebscher D Manfred Krug, Monika Woytowicz, Fred Düren, Erik S. Klein, Carola Braunbock | DDR | 108 min | 1:2,35 | f | 25. Juli 1964

# 1013 | 2. August 2016