2.9.20

Berliner Ballade (Robert A. Stemmle, 1948)

Das Jahr 1948, gesehen aus der Entfernung eines Säkulums. Robert A. Stemmle inszeniert seine Adaption von Günter Neumanns zeitkritischem Kabarettprogramm »Schwarzer Jahrmarkt« als staunenden Rückblick auf die bizarre Situation des Nachkriegs, festgemacht an den Erlebnissen eines prototypischen Heimkehrers in seiner zerbombten, zwischen Ost und West geratenen Vaterstadt Berlin. Otto Normalverbraucher (hungerhakig: Gert Fröbe) sieht sich konfrontiert mit bürokratischer Idiotie und allgegenwärtigem Mangel, mit gesellschaftlicher Kälte und politischem Hader, er begegnet Schiebern und Kupplerinnen, Traumschönheiten und Demagogen. Die »Revue der Stunde Null« spiegelt die prekären Zustände in szenischen Pointierungen, kinematographischen Spielereien, sprachwitzelnden Kommentaren, musikalischen Intermezzi. Der historische Hintergrund des großen Schlamassels bleibt dabei weitgehend ausgespart, die Menschen der Trümmerzeit erscheinen als hilflose Spielbälle der unberechenbaren Weltläufte, als vom Schicksals schwer Gebeutelte, denen zum versöhnlichen Schluß eine wohlgemeinte moralische Botschaft mit auf den Weg gegeben wird: Begrabt den Haß, reicht euch die Hände.

R Robert A. Stemmle B Günter Neumann V Günter Neumann K Georg Krause M Werner Eisbrenner, Günter Neumann A Gabriel Pellon Ko Gertrud Recke S Walter Wischniewsky P Alf Teichs D Gert Fröbe, Tatjana Sais, Aribert Wäscher, O. E. Hasse, Ute Sielisch | D(W) | 89 min | 1:1,37 | sw | 31. Dezember 1948

# 1197 | 2. September 2020

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