18.12.46

Irgendwo in Berlin (Gerhard Lamprecht, 1946)

Die zerbombte Stadt als grenzenloser Abenteuerspielplatz: In den Ruinen spielen die Zehnjährigen das nach, was sie kennen, was sie erlebten: Krieg. Die Erziehungsberechtigten haben ausgedient, sind überfordert oder kriminell, im besten Falle wohlmeinend und doch wie gelähmt angesichts des Schlamassels, das sie angerichtet haben. Gerhard Lamprecht, der 15 Jahre zuvor Erich Kästners »Emil und die Detektive« adaptiert hatte, greift Motive des Klassikers auf, gibt Beispiele von jugendlicher Freundschaft und Solidarität. Aber eine konsistente Story ist in der Trümmerlandschaft mit ihren sittlichen Gefährdungen und tödlichen Gefahren nicht mehr zu erzählen: »Irgendwo in Berlin« reiht Episoden, setzt Schlaglichter, entwirft Portraitskizzen. Gustav erwartet sehnsüchtig die Rückkunft seines Vaters, der den zerstörten Garagenhof wiederaufbauen soll; der deprimierte Heimkehrer indes sieht keinen Sinn in einem Neuanfang; Gustavs Freund Willi hat Heimat und Eltern verloren, stromert durch die Schuttwüste, haust bei einer freundlich-besorgten Ladenbesitzerin, deren mieser Untermieter den Jungs Feuerwerk gegen Lebensmittel verkauft; ein traumatisierter Soldat steht reglos am Fenster, hält Wacht … Lamprecht scheut sich nicht, die Tränendrüsen zu massieren, um eine kathartische Wirkung zu erzielen: Der (dritte) Defa-Film schließt als gefühlsbetontes Pamphlet, mahnt pathetisch, es endlich besser zu machen, die geistige Lähmung zu überwinden, die destruktiven Energien in Kräfte für den Wiederaufbau umzupolen.

R Gerhard Lamprecht B Gerhard Lamprecht K Werner Krien M Erich Einegg A Otto Erdmann, Wilhelm Vorwerg S Lena Neumann P Georg Kiaup D Charles Knetschke (= Charles Brauer), Hans Trinkaus, Harry Hindemith, Paul Bildt, Fritz Rasp | D (O) | 85 min | 1:1,37 | sw | 18. Dezember 1946

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