17.3.66

Es (Ulrich Schamoni, 1966)

Es: das Kind, das sie (Sabine Sinjen) nicht will, weil sie glaubt, daß er (Bruno Dietrich) es nicht will. Es: das ungestüme Bauwesen, das auch das noch zerstört, was der Bombenkrieg verschonte. Es: das Westberlin kurz nach dem Mauerbau – Stadt der Brachflächen und Brandmauern, der Schnellstraßen und Friedhöfe, der Witwen und Abschreibungsritter, der modischen jungen Paare und der alten Tanten aus dem Osten. Ulrich Schamonis dynamisches Debüt offeriert weniger tieflotende Analyse denn feuilletonistische Momentaufnahmen, weniger Soziologie einer abgewrackten Metropole denn Kaleidoskop eines weltläufigen Provinzkaffs; als intuitiv-impulsiver Sammler von Augenblicken und Tonfällen, als rasender Reporter der privaten, beruflichen, gesellschaftlichen Beziehungen stellt der Autor die Lockerheit des Entwurfs über die Präzision der Ausführung. So entsteht, stickpunktartig, notizenhaft, elliptisch, das anschauliche Stimmungsbild eines Ortes zwischen Aufbruch und Erstarrung, einer Ära zwischen Ungezwungenheit und Sprachlosigkeit. »Es«: eine Zeitkapsel.

R Ulrich Schamoni B Ulrich Schamoni K Gérard Vandenberg M Hans Posegga S Heidi Genée P Horst Manfred Adloff D Sabine Sinjen, Bruno Dietrich, Horst Manfred Adloff, Bernhard Minetti, Tilla Durieux | BRD | 86 min | 1:1,37 | sw | 17. März 1966

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