23.7.59

Menschen im Netz (Franz Peter Wirth, 1959)

Einer der ganz wenigen Versuche des bundesdeutschen Nachkriegskinos, sich mit der Wirklichkeit des geteilten Landes auseinanderzusetzen. Anders als für das DDR-Filmstudio Defa spielt die Existenz zweier deutscher Staaten mit gegensätzlichen (und gegnerischen) Gesellschaftssystemen für westliche Produzenten jahrzehntelang praktisch keine Rolle. »Menschen im Netz« verarbeitet die Problematik zu einem kolportagehaften Genrestück mit zaghaft veristischen Ansätzen: Nach fünf Jahren Bautzen-Haft wird Klaus Martens (Hansjörg Felmy) vorzeitig entlassen und reist zu seiner Frau Gitta (Johanna von Koczian) nach München. Die Wiedersehensfreude ist groß, doch schon bald fallen Schatten auf das wiedervereinigte Eheglück. Klaus ist mißtrauisch: Wovon bezahlt seine Frau ihre schicke Wohnung? Warum erzählt sie nie von ihrer Arbeit im ›Schreib- und Übersetzungsbüro Fischer‹? Wohin geht sie Abend für Abend wirklich? Die traurige Wahrheit: Um ihren Mann freizubekommen, trat Gitta in den Dienst des ostzonalen Geheimdienstes – eine Kooperation, die tödlich endet … Franz Peter Wirth inszeniert das (auf einem Illustriertenroman basierende) Kriminaldrama straff und unsentimental, mit Blick aufs »Menschliche« und Sinn für stimmige Alltagsimpressionen, jedoch ohne politische Vertiefung und weitgehend beherrscht von gattungstypischen Klischees. Die Ostagenten heißen Olga, Karel, Janosch – und sehen auch so aus. Ihre Treffpunkte sind Hotellobbys, Bumslokale, Lagerhallen. Interessant allerdings, daß die westliche Konkurrenz auch nicht einnehmender ist: Ein gewisser Herr Braun von der Spionageabwehr (Hannes Messemer) fällt stets mit der Tür ins Haus, erklärt sich nicht, stellt ohne Umschweife bohrende Fragen, droht mit bellender Wochenschaustimme Unangenehmes an, wirft, wie seine Gegenspieler, Netze aus, in denen sich Unschuldige verfangen.

R Franz Peter Wirth B Herbert Reinecker V Will Tremper, Erich Kern K Günther Senftleben M Hans-Martin Majewski A Franz Bi S Claus von Boro P Hans Abich D Hansjörg Felmy, Johanna von Koczian, Hannes Messemer, Ingeborg Schöner, Olga von Togni | BRD | 96 min | 1:1,66 | sw | 23. Juli 1959

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